„Profiling“von Arbeitslosen: Vielfach eingesetzt, Erfolg unklar
OECD-Expertin empfiehlt den Einsatz von Algorithmen, sieht aber auch Risiken.
In Österreich heftig umstritten, international vielfach im Einsatz: Laut OECD-Studie nutzt fast ein Drittel aller OECD-Staaten statistisches „Profiling“zur Ermittlung der Jobchancen von Arbeitslosen. Das heißt, ein Computer erstellt nach Auswertung persönlicher Daten wie Alter, Geschlecht, Bildung, Erwerbshistorie, Betreuungspflichten etc. ein Profil, um daraus eine Prognose für die Jobvermittlung zu ermitteln.
DasAMSwirdab2020das Profiling als Grundlage für Kursmaßnahmen nutzen und startete bereits einen Testbetrieb – der KURIER berichtete bereits mehrfach. „Man könnte sagen, solche Modelle sind Standard. In den USA sind sie schon seit 1996 im Einsatz, in den vergangenen Jahren haben sie sich vermehrt auch in Europa verbreitet“, erläutert OECD-Arbeitsmarktexpertin Kristine Langenbucher. Der Einsatz ist unterschiedlich, meist ist es eine Mischform zwischen Computer und Berater. In Dänemark, den Niederlanden und Schweden ist die Teilnahme für Arbeitslose freiwillig, in Belgien setzt man „Künstliche Intelligenz“ein und wertet auch die Berater-Meinungen aus.
Kein Problemlöser
Ob Profiling besser ist als das Wissen und Gespür eines Beraters, zu einer rascheren Jobvermittlung führt oder Kosten spart, lasse sich aufgrund fehlender Evaluierung nicht beantworten, so Langenbucher. Profiling allein könne noch kein Problem lösen, es ersetze die Diagnose nicht. Algorithmen seien nur eine Ergänzung zum Berater, „die menschliche Ent- OECD-Expertin Langenbucher scheidung bleibt“. Laut AMS-Vorstand Johannes Kopf geht es vor allem darum, „den Arbeitslosen rascher zu helfen und die richtige Maßnahmefürdie richtige Gruppe zu finden“. Für arbeitsmarktferne Personen sei Coaching oft zielführender als ein Kurs, der oft vorzeitig abgebrochen wird.
Diskriminierung
Langenbucher empfiehlthlt grundsätzlich den Einsatz von Algorithmen, warnt aber vor Risiken wie fehlerhafte Daten oder statistische Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts oder Betreuungspflichten. Auch in Österreich gibt es solche Bedenken. „Die Letztentscheidung hat immer der AMS-Berater, der Umstufungen vor-nehmen kann“, versucht Kopf zu beruhigen. Im Zweifellsfall entscheidet ein „Perspek-k tiven-Check“durch externe Berater.
Um die Jobvermittlungg zu verbessern, braucht das AMS dringend eine neue IT-Infrastruktur. Die 2014 (!) angekündigte Skill-MatchingPlattform (Jobsuche nach Kompetenz, Anm.) gibt es immer noch nicht. Schuld sind mannigfaltige Probleme beim IT-Partner IBM, weshalb das AMS heuer zumm Bundesrechenzentrum (BRZ) wechselt. Wegen ho-h her Übergangskosten dauertert die Umstellung laut Kopf zweieinhalb Jahre. Durch die IT-Probleme sei man in Sachen Digitalisierung „weit zurückgeworfen worden“. Beste Arbeitsmarktchancen. Im Jahresdurchschnitt 2018 fielen 16 Prozent aller beim AMS gemeldeten arbeitslosen Männer und 9 Prozent der Frauen darunter. Mittlere M Chancen. Darunter fielen im Vorjahr 62 Prozent der arbeitslosen Frauen und 51 P Prozent der Männer. Geringste G Arbeitsmarktchancen. Im Vorjahr traf dies auf 33 Prozent der arbeitslosen Männer u und 29 Prozent der Fr rauen zu. Datengrundlage Verwaltungsdaten des Hauptverbandes, Personenmerkmale wie Alter, Geschlecht, Staatsbürgerschaft, Ausbildung, Erwerbshistorie, Häufigkeit von Arbeitslosigkeit, Betreuungspflichten, gesundheitliche Beeinträchtigungen.