Digitalsteuer: Kurz trifft in Davos die Internet-Bosse
Auch Karin Kneissl reist an
Österreichs Regierung nützt das Weltwirtschaftsforum (WEF) im Schweizer Nobelort Davos, um den Bossen der Internetkonzerne die Digitalsteuer-Pläne zu erklären. Die Gesprächsliste von Bundeskanzler Sebastian Kurz, der am Mittwoch anreist, liest sich wie das Who’s who der Branche: Jack Ma, Daniel Zheng (Alibaba), Tim Cook (Apple), Bill McDermott (SAP), Dara Khosrowshahi (Uber), Sheryl Sandberg und Nick Clegg (Facebook) sowie Jared Cohen (Googles Denkfabrik Jigsaw) sind darauf zu finden. Dazu kommen Essen mit WEF-Präsident Børge Brende, mit den Chefs der US-Hochfinanz wie Goldman Sachs, JP Morgan und Carlyle Group sowie der Pharma- und Industriekonzerne Novartis und ABB.
Am Podium wird Kurz über „Europa und Afrika“diskutieren – neben Ruandas Präsident Paul Kagame, mit dem er im Dezember in Wien schon die Bühne geteilt hat. Die Regierung sieht Davos als „wichtiges Forum, um Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft“zu treffen und über die Digitalisierung zu sprechen. Neben Kurz reist auch Außenministerin Karin Kneissl in die Schweiz.
Viele Absagen
Generell leidet das Forum, das von 22. bis 25. Jänner stattfindet, unter einem Schwund an Politprominenz. Theresa
Hat abgesagt, muss Plan B (wie Brexit) ausarbeiten. Emmanuel Macron? Abgesagt, mit Gelbwesten beschäftigt. Donald Trump? Abgesagt. Eine Auslandsreise macht sich schlecht, wenn zeitgleich 800.000 Bundesbe- dienstete ohne Gehalt arbeiten oder in Zwangsurlaub sind. Weil die US-Delegation komplett storniert hat, fehlt Chinas mächtigem Vizepräsidenten Wang Qishan ein Widerpart, um den Zollstreit mit den USA beizulegen.
Hochrangig besetzt wird das Forum dennoch sein. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel oder Prince William sind angekündigt, ebenso wie die Regierungschefs aus Italien, Giuseppe Conte, aus Spanien, Pedro Sanchez, und Irland, Leo Varadkar, der 2018 Kurz’ Gast beim Wiener Opernball war.
Welche Rolle spielt das 1971 vom Wirtschaftsprofessor Klaus Schwab (80) gegründete WEF, das „die Welt zum Besseren verändern“will? Seit Jahren steht das Forum in der Kritik, viel heiße Luft, aber wenig greif bare Ergebnisse zu produzieren. Kritiker fragen sich, wie es sich verträgt, dass der WEF-Risiko-Bericht 2019 den Klimawandel (wie berichtet) als größte Bedrohung sieht, während zugleich allein für das Forum 930 Privatjet-Flüge in die Ostschweizer Alpen stattfinden. Oder dass Brasiliens umstrittenem Präsidenten Jair Bolsonaro, der den Regenwald abholzen lassen will, ein Forum geboten wird.
Ökonomisch ist das WEF, das eine Stiftung veranstaltet und von Unternehmen gesponsert ist, ein gewichtiger Faktor. Insbesondere für Davos, eine Studie ermittelte für den Ort bereits vor zehn Jahren unterm Strich Zusatzeinnahmen von 11 Mio. Euro. Mittlerweile dürfte der Betrag deutlich höher sein.