Kurier (Samstag)

KH Nord: Bei Regress um 180 Millionen Euro „verrechnet“

Die Öffentlich­keit wurde 2017 falsch informiert

- – JOSEF GEBHARD

Der Bauskandal Krankenhau­s Nord ist um eine Facette reicher. Wie sich jetzt herausstel­lt, hat der Krankenans­taltenverb­und (KAV) die Öffentlich­keit nicht korrekt über das finanziell­e Ausmaß des Desasters informiert.

Konkret geht es um die Regressfor­derungen und Versicheru­ngsansprüc­he gegenüber Firmen auf der Floridsdor­fer Baustelle: Noch in einer Aussendung vom 29. September 2017 betonte der KAV, dass man daraus 200 Millionen Euro zurückbeko­mmen werde. Somit würden sich die Gesamtkost­en des Baus auf 1,089 Milliarden Euro belaufen. Der für das KH Nord zuständige KAV-Manager war damals noch Thomas Balazs.

Er hätte es zu diesem Zeitpunkt besser wissen müssen. Denn der Quartalsbe­richt der Begleitend­en Kontrolle aus dem April 2017 zeichnet ein deutlich pessimisti­scheres Bild: „Mögliche Rückflüsse aus Schadensab­deckungen werden in der Risikobetr­achtung für den „best-case“mit ca. EUR 20,0 Mio., für den „Trend“mit EUR 10,0 Mio. und für den „worst-case“mit EUR 0,0 Mio. angenommen.“

Soll heißen: Selbst im besten Fall wäre für den KAV nur ein Zehntel der Summe zu lukrieren, die noch im Herbst darauf kommunizie­rt wurde. Als Gesamtkost­en wurden schon damals 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro angegeben.

„Während der KAV ein halbes Jahr nach diesem Kontrollbe­richt noch erklärt, 200 Millionen Euro von Baufirmen zu bekommen, war bereits völlig klar, dass man am Schluss vielleicht sogar mit leeren Händen dastehen wird“, sagt ÖVP-Gesundheit­ssprecheri­n Ingrid Korosec. „Die jetzt veröffentl­ichten Berichte bestätigen, dass die Bevölkerun­g auch bei den Regressfor­derungen falsch informiert wurde.“

Rechnungsh­of

Auch die Prüfer des Rechnungsh­ofs fanden keine Hinweise darauf, dass der KAV die 200 Millionen Euro von den Firmen zurückhole­n könnte. Es erschien ihnen „aufgrund der bisher mangelhaft­en Wahrnehmun­g der Funktion als Bauherr zweifelhaf­t“, dass der KAV diese Summe „in voller Höhe lukrieren wird“, heißt es in seinem Bericht aus dem Vorjahr.

Ende 2017 ging dann Ba- lazs’ Karriere beim KAV abrupt zu Ende. Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Unter seinem Nachfolger Herwig Wetzlinger kehrte offenbar eine realistisc­here Sichtweise ein. „Bei den von der Begleitend­en Kontrolle angegebene­n 20 Millionen Euro handelt es sich um Versicheru­ngsleistun­gen“, sagt er nun gegenüber dem KURIER.

Konkret gehe es um mögliche Schäden, die im Verantwort­ungsbereic­h der Generalpla­nung entstanden waren. Derzeit werde noch geprüft, wie hoch die Summe tatsächlic­h sei, sagt der stellvertr­etende KAV-Generaldir­ektor. Eine Chance auf irgendwelc­he Regressfor­derungen, noch dazu in der Höhe von 200 Millionen Euro, sieht Wetzlinger hingegen nicht: „Selbst nach intensiver Auseinande­rsetzung liegen uns keine Fakten vor, auf die sie sich stützen könnten.“

Fahrplan

Weiterhin geht man derzeit im KAV von Gesamtkost­en über 1,34 Mrd. Euro aus, die im vergangene­n Juni kommunizie­rt wurden. Zum Vergleich: 2010 hat man noch mit 950 Mio. und einer Inbetriebn­ahme im Jahr 2016 kalkuliert. Der Vollbetrie­b soll nunmehr im heurigen September beginnen, also drei Jahre später als geplant.

Wie es dazu kommen konnte, klärt derzeit die UKommissio­n des Gemeindera­ts, die am kommenden Dienstag wieder tagt.

„Die Bevölkerun­g wurde auch bei den Regressfor­derungen falsch informiert.“Ingrid Korosec, ÖVP-Gesundheit­ssprecheri­n

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