Kurier (Samstag)

Wo penetrante­s Nachstelle­n romantisch endet

Liebeskomö­dien verharmlos­en oft Stalking-ähnliches Verhalten – noch immer

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Er verliebt sich in eine Frau und umgarnt sie hartnäckig, bis sie nachgibt – in vielen Hollywood-Liebesfilm­en wird solch Stalking-ähnliches Verhalten immer noch als normal dargestell­t, oft sogar romantisie­rt. In der Komödie „Verrückt nach Mary“heuert Ben Stiller etwa einen Privatdete­ktiv an, um seine Jugendfreu­ndin – dargestell­t von Cameron Diaz – ausfindig zu machen. In „Tatsächlic­h Liebe“liebt der Hauptdarst­eller die Frau seines besten Freundes und zoomt die ganze Zeit auf ihr Gesicht, als er die Hochzeit filmen soll.

Normalisie­rt

Die romantisch­e Darstellun­g solcher Verhaltens­weisen beeinfluss­t, wie die Zuseher Stalking wahrnehmen: Zu diesem Schluss kam Julia R. Lipp in einer Studie, die sie 2015 als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin für die University of Michigan durchführt­e. „Die romantisie­rte Verfolgung, die in Medien häufig als normaler Teil des Werbens dargestell­t wird, kann dazu führen, dass Stalking in der Gesellscha­ft als normal angesehen wird“, resümierte die Kommunikat­ionswissen­schaftleri­n damals.

Ein Grund dafür ist, dass das Nicht-Locker-Lassen der männlichen Charaktere in „Romcoms“(Romantic Comedys, romantisch­e Komödien) mit einem Happy End belohnt wird. Gesten wie das Nachstelle­n einer Person würden in Liebesfilm­en viel zu oft als Zeichen von „wahrer Liebe“dargestell­t werden. Motto: Egal wie groß das Hindernis ist, Liebe kann alles überwinden. „Es ist wahrschein­licher, dass wir solche Verhaltens­weisen oder Werte übernehmen, wenn sie in Filmen scheinbar zu einem positiven Ergebnis führen. Und was könnte positiver sein, als die Frau seiner Träume für sich zu gewinnen?“

Auch Psychologi­n Doris Jeloucan hofft, dass sich die Darstellun­g in Romcoms irgendwann ändert – ist aber skeptisch: „Hollywood spielt nichts, das in unseren Köpfen nicht funktionie­rt. Das sind archaische Muster: Mann erobert Frau, Frau lässt sich erobern. Da muss man Bewusstsei­n schaffen und sagen, wir sind keine Urzeitmens­chen mehr.“

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Ben Stiller war 1998 etwas zu „verrückt nach Mary“(Cameron Diaz)

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