Kurier (Samstag)

Wo kommt denn plötzlich dieser haarige Bauch her?

Ein Date, das einschlug: Wie fühlen sich Frauen zwischen 20 und 30 heute?

- VON PETER PISA

Wahrschein­lich war es das letzte Wort der in der Zeitschrif­t The New Yorker erschienen­en Kurzgeschi­chte: whore, Hure.

Das Wort war Tüpfchen auf dem i, um in den USA eine Diskussion auszulösen, die Kristen Roupenian berühmt machte.

Eine Diskussion, wie sich heute Frauen zwischen 20 und 30 fühlen. Eine Diskussion über Sex und Macht mit 100 Facetten.

Und Männer beschwerte­n sich: Sie seien doch gar nicht „so“... undhaben selbstvers­tändlich keinen Bauch.

Hoch stöhnen

„Cat Person“, einfach und einfach gut geschriebe­n, erzählt bloß auf 25 Seiten aus der Sicht von Margot:

Wie das ist, wenn man jemanden fast nur über Social Media und SMS zu kennen glaubt.

Dann macht man sich aus spärlichen Informatio­nen ein schönes Bild. Man weiß z.B., dass diese Person zwei Katzen hat. Süß.

Und dann trifft Margot den rund zehn Jahre älteren Robert, und als er ihr seine Zunge unangenehm tief in den Hals steckt, weiß sie: Robert war ein schwerer Fehler. Außerdem stöhnt er mit schrecklic­h hoher Stimme. Und sein Bauch ist ein großes haariges Ding.

Macht man gleich an Ort und Stelle Schluss? Findet man richtige Worte? Der Aufwand wäre groß. Es ist einfacher, das bisschen Sex zu ha- ben, heimlich lachend, und danach zu verschwind­en.

„Cat Person“ist jetzt auch der Titel des Buchs mit zwölf unbequemen Kurzgeschi­chten. Man munkelt, ein US-Verlag habe Kristen Roupenian – sie promoviert­e an der Harvard University in englischer Sprache – mit einer Million Dollar dazu angestache­lt.

Im Zentrum der Sammlung bleiben Margot und Robert, das letzte Wort von ihm wurde freundlich mit „Schlampe“übersetzt,

Danach kommt gleich – damit sich die aufgeregte­n Männer beruhigen? – Ted bzw. die Erzählung „Ein netter Typ“. Aber Ted spielt nur den Netten. Damit gibt er Frauen kurzfristi­g Sicherheit. Dass dieser kleine Mann nur Sex haben kann, wenn er sich vorstellt, sein Penis ist ein Messer, muss er den rasch wechselnde­n Partnerinn­en nicht verraten.

In einer Zeit in einem Land, in der viele Jüngere alles haben: Wieso scheitern sie schon an Kleinigkei­ten?

Rouperians beste Geschichte­n holen Innenleben aus den Tiefen ... fast will man sagen: an den Ohren zieht sie das Innere hervor, geht aber nicht ... Lesend kann ordentlich Geld für Psychother­apie gespart werden; und dass Robert, das wusste Margot früh, gern rote Lakritzenz­uckerln lutscht, hätte ihr Warnung sein müssen.

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So sehr kann eine Kurzgeschi­chte aufregen: Die Amerikaner­in Kirsten Roupenian wurde berühmt
 ??  ?? „Cat Person“Übersetzt von Friederike Schilbach und Nella Beljan. Blumenbar Verlag. 288 Seiten. 20,60 Euro. Kristen Roupenian:
„Cat Person“Übersetzt von Friederike Schilbach und Nella Beljan. Blumenbar Verlag. 288 Seiten. 20,60 Euro. Kristen Roupenian:
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