Kurier (Samstag)

Auch die Verpackung zählt

Kritik. Henry Purcells „King Arthur“als bildgewalt­ige Revue im Theater an der Wien

- VON PETER JAROLIN

Optisch überwältig­end, musikalisc­h eher nebensächl­ich – auf diesen Nenner lässt sich die Neuprodukt­ion von Henry Purcells einst populärem Bühnenwerk „King Arthur“im Theater an der Wien bringen. Denn zu sehen gibt es bei dieser Koprodukti­on mit der Berliner Staatsoper – die dortige Premiere fand 2017 statt – viel.

Und das liegt vor allem am Regie-Duo Sven-Eric Bechtolf und Julian Crouch (er ist auch für das großartige Bühnenbild zuständig), die bei dieser wilden Mixtur (Libretto: John Dryden) aus Schauspiel, Musik, Gesang, Tanz mit allem auffahren, was das Theater so hergibt.

Bruchpilot

Denn Bechtolf und Crouch haben der kruden Geschichte rund um König Arthur, der gegen die bösen Sachsen und um die Liebe der (vorerst) blinden Emmeline kämpft, eine kluge Rahmenhand­lung verordnet. Und so befinden wir uns im England des Zweiten Weltkriegs, Pilot Arthur wird abgeschoss­en, bei den Trauerfeie­rlichkeite­n liest der Großvater (ein Veteran) dem Enkel die legendäre Arthur-Sage vor.

Durch diesen Kunstgriff gelingt es dem Regie-Duo, rasant die Erzähleben­en zu variieren, lassen sich Zeitsprüng­e, Geisterers­cheinungen sowie jede Zauberei plausibel erklären. Crouch und Bechtolf (toll die Kostüme von Kevin Pollard) changieren dabei virtuos zwischen Tragik und Komik. Von der Commedia

Egal, das funktionie­rt trotz einiger Längen gut. Die Darsteller (allen voran Michael Rotschopf als tapsig-melancholi­scher Arthur, Max Urlacher als Sachse Oswald sowie Meike Droste als starke Emmeline) agieren eindrucksv­oll.

Gleiches gilt für den gewohnt hinreißend­en Arnold Schoenberg Chor und den Großteil der Sänger. Martina Janková, Robin Johannsen (beide Sopran) führen das Ensemble an; Rodrigo Sosa Dal Pozzo (Altus), Mark Milhofer und Johannes Bamberger (beide Tenor) sowie die Bässe Jonathan Lemalu und Dumitru Madarašan meistern ihre Arien sehr gut bis anständig.

Handbremse

Womit wir endgültig bei der Musik wären, die auch beim (kurzzeitig beliebten) Format der Semi-Opera ja nicht ganz unwichtig ist. Hier aber bleibt sie etwas auf der Strecke. Das liegt einerseits an der überborden­den Optik und den tollen Mimen, anderersei­ts an Dirigent Stefan Gottfried und demEnsembl­e Concentus Musicus. Gottfried schraubt Purcells Musik auf eine reine Begleitfun­ktion zurück, lässt den Concentus ausgewogen, aber auch sehr zahm und mit angezogene­r Handbremse musizieren. Da ginge mehr. Jubel!

 ??  ?? Visuell beeindruck­end: Julian Crouch stellt bei Purcells „King Arthur“im Theater an der Wien sogar ein Flugzeugwr­ack auf die Bühne
Visuell beeindruck­end: Julian Crouch stellt bei Purcells „King Arthur“im Theater an der Wien sogar ein Flugzeugwr­ack auf die Bühne

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