Späte Genugtuung
Otmar Striedinger (3.) und Daniel Danklmaier (5.) nutzten die Gunst der Stunde
Die riesige VIP-Tribüne hatte sich bereits merklich geleert, als die Hahnenkammabfahrt noch einmal richtig Fahrt aufnahm. Nur im Zielraum der Streif wollte keiner einen vorzeitigen Abgang machen. Alle Läufer und Trainer wussten, was es geschlagen hat. Man konnte förmlich zusehen, wie das Wetter von Läufer zu Läufer besser wurde. Und sich mit jedem neuen Sonnenstrahl die Mienen jener Abfahrer verfinsterten, die zu Beginn des Rennens bei Schneefall und schlechterer Sicht gefahren waren.
Das war der Grund, warum Sieger Dominik Paris (siehe auch Seite 15) erst nach dem letzten Läufer Gratulationen annahm. Das war auch der Grund, warum Kitzbühel eine der spannendsten Abfahrten seit Langem erlebte.
Zugleich wäre es aber unfair, die starken Auftritte der Österreicher Otmar Striedinger (Dritter mit Startnummer 27) und Daniel Danklmaier (Fünfter mit Nummer41) nur den geänderten Bedingungen zuzuschreiben. Natürlich hatten die beiden Zimmerkollegen einen Vorteil, „aber man muss das auch erst einmal herunter bringen“, lobte ÖSV-Direktor Hans Pum.
Gelungene Fahrt
Tatsächlich kommen die TopPlatzierungen im Sonnenschein von Kitz’ nicht aus heiterem Himmel. Otmar Striedinger hatte in jungen Jahren sein Können schon mehrmals unter Beweis gestellt und als große Zukunftshoffnung gegolten, ehe der Kärntner durch einen Materialwechsel und einige Verletzungen völlig aus der Spur geriet. Und der Steirer Daniel Danklmaier hatte bereits mit dem Sieg in der Europacupabfahrt vom Montag und schnellen Trainingsläufen aufgezeigt. „Man kann in Kitzbühel nicht als Dritter abschwingen, wenn die Fahrt nicht gut war“, sagte Striedinger. „Ich dürfte das auch recht gut gemacht haben“, ergänzte Danklmaier.
Kühler Kopf
Zumal es nicht nur Vorteile hatte, dass die beiden Österreicher später ins Rennen gingen. Dadurch bekamen sie zum Beispiel im TV die wilde Fahrt ihres Kollegen Vincent Kriechmayr mit, die unwei- gerlich das Adrenalin steigen ließ. „Da ist mir schiach die Pump’n gegangen“, berichtet Danklmaier.
Dass sie trotzdem kühlen Kopf bewahrten und diese Gunst der Stunde nützen, spricht für die beiden. „Das war endlich einmal Fahrt mit der richtigen Mischung aus Köpfchen und Risiko“, sagte Otmar Striedinger.
Der 27-Jährige erinnerte sich im Moment seines größten Erfolges aber auch an die sportliche Leidenszeit der vergangenen Jahre. „Ich weiß, woher ich komme und wie hart ich arbeiten musste“, sagte der ruhige Kärntner.
Daniel Danklmaier ist zwar deutlich extrovertierter als sein Zimmerkollege, aber auch beim Steirer besteht keine Gefahr, dass ihm dieser Achtungserfolg zu Kopf steigt. Dafür lag der 25Jährige schon viel zu oft auf dem Boden. Drei Knieoperationen hat Daniel Danklmaier bereits hinter sich. „Mich kann nichts mehr erschüttern“, meinte der Sensationsfünfte.