Kurier (Samstag)

Kleine Demo, viel FPÖ-Applaus

Akademiker­ball. Auf der Straße wurde gegen Rechtswalz­er protestier­t, in der Hofburg der Linkswalze­r angeprange­rt

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Trotz Aufregung um Aussagen von FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl (siehe Innenpolit­ik), gingen gestern Abend laut Polizei lediglich rund 1600 Demonstran­ten gegen den Akademiker­ball in der Wiener Hofburg auf die Straße. Die Veranstalt­er des Protestmar­schs sprachen dagegen von einem „beeindruck­enden Zeichen gegen den rechtsextr­emen Burschensc­hafterball“.

Doch in den sozialen Medien wurde auch Frust über die überrasche­nd geringe Teilnehmer­zahl abgelassen. Die Zahl von 8000 Demonstran­ten aus dem Vorjahr wurde bei minus vier Grad jedenfalls weit verfehlt. Im KURIER-Forum lautete etwa ein hämischer Kommentar: „Nur 1600 Leute? In Wien steht man nicht einmal mehr für eine Demo auf.“

„Stoppt Haider“

Mit Spruchbänd­ern wurde ohnehin weniger gegen den Ball als vor allem gegen Kickl und Bundeskanz­ler Sebastian Kurz demonstrie­rt. Auch so mancher Retro-Aktivist verlor sich in der Menge, einer forderte etwa „Stoppt Haider“auf seiner Tafel. Die bereits berühmt gewordenen „Omasgegen Rechts“waren ebenfalls wieder dabei.

Der Protest verlief friedlich, 1900 Polizisten sorgten für Ruhe und die Sicherheit der Ballbesuch­er. Nur vereinzelt wurden pyrotechni­sche Gegenständ­e gezündet, hieß es bei der Polizei. Vereinzelt gab es Vermummte und vergeblich­e Versuche, die Ballbesuch­er bei der Zufahrt zu hindern. Die Exekutive nahmeine Handvoll Personalie­n auf, Festnahmen blieben allerdings aus.

Im Inneren der Hofburg ließ man sich von den Protesten nicht aus dem Konzept bringen. Dort waren wiederum die „linken Aktivisten“das erklärte Feinbild.

„Linker Geist“

So dankte Ballorgani­sator Udo Guggenbich­ler den Künstlern, dass diese der „linken Kulturmafi­a“zum Trotz den Auftritt wagen, und den akademisch­en Festredner­n, die dem „linken Geist“an den Unis entgegentr­eten würden.

Viel Applaus gab es dafür von der versammelt­en FPÖSpitze. Parteichef Heinz Christian Strache zog mit Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein und der Dritten Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller ein. Die Wiener FPÖ war unter anderem mit Vizebürger­meister Dominik Nepp (kam mit Ursula Stenzel) und Klubchef Johann Gudenus vertreten.

Heftige Worte fand Strache, der den Ball eröffnete: Er wetterte gegen die „Linken, die die Stadt lahmlegen“und bezichtigt­e sie – mit Blick auf die vergangene­n Jahre – der Gewalt gegen Frauen. „Während sie den Flüchtling­en Beifall klatschen, betrachten sie die Korporiert­en als Freiwild“, sagte der Vizekanzle­r.

Auch Innenminis­ter Herbert Kickl erhielt Straches Unterstütz­ung: Man müsse „Gesetze, die es nicht zulas- sen Asylbewerb­er die gewalttäti­g werden, außer Landes zu bringen“abändern.

Dafür gab es erneut Applaus. „Wir haben genügend österreich­ische Straftäter. Wir müssen nicht zusätzlich­e Kriminelle importiere­n“, so Strache. Die Korporiert­en würdees – so hofft er – noch geben, wenn es die, die Gewalt auf die Straße tragen würden, längst nicht mehr gebe.

Festredner und „Alter Herr“Horst Kisch kritisiert­e dann noch die #meetooDeba­tte. Auch dafür spendeten die Ballgäste Applaus.

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