Kurier (Samstag)

„Frauenfußb­all

Karin Bergmann. Die scheidende Burgtheate­rdirektori­n über treue Seelen, helle Platten, exzellente Auslastung­szahlen, spannenden Frauenfußb­all und den Putz, auf den sie bis Ende Juni hauen wird.

- VON UND

mand bin, der lieber vor vollem Haus spielt. Das hängt auch mit der schwierige­n finanziell­en Situation, in der ich das Haus übernommen habe, zusammen. Daher habe ich Stücke wie „Das Konzert“von Hermann Bahr angesetzt. Weil ich wusste, dass es über Dezennien eines der bestbesuch­ten war. So konnte ich auch etwas riskieren.

Sind Sie vielleicht auch in eine Erzählung geraten, gegen die Sie sich kaum wehren konnten? Ihr Auftrag war, das Haus in ruhigere Gewässer zu führen, den Brand zu löschen ...

Das stimmt. Am Tag nach der Bestellung stand ich mit Ostermayer vor der Presse. Ich hatte überhaupt keine Zeit gehabt, mir Gedanken zu machen. Und so sagte ich zu meiner eigenen Überraschu­ng, dass ich große Stoffe und einen neuen „Jedermann“machen würde. Dafür, dass wir damals nicht einmal gewusst haben, wie viele Produktion­en wir uns überhaupt leisten können, habe ich mit der „Orestie“, den „Persern“, mit „Antigone“und dem Sensations-„Jedermann“von Schmalz vieles realisiere­n können. Darüber bin ich sehr froh.

Bei Ihrer letzten Spielplanp­ressekonfe­renz im April 2018 sagten Sie: „Fünf Jahre sind keine Ära.“Was sind sie dann?

Früher lag dem Vokabel „Ära“ein bestimmtes Zeitmaß zugrunde. Vielleicht habe ich auch zu großen Respekt vor solchen Wörtern. Eine „Ära“steht für Menschen, die etwas Einzigarti­ges geschaffen haben.

Haben Sie das Burgtheate­r nicht aus der tiefsten Krise geführt, in der es jemals war?

Ich weiß schon, dass ich etwas geschaffen habe, auf das ich stolz sein darf. Von den 107 Premieren meiner Direktions­zeit sind 41 Urund Erstauffüh­rungen. Und wir haben einen Eigendecku­ngsgrad von 27 Prozent. Das ist stattlich. Trotzdem tu ich mir mit dem Wort „Ära“schwer. Ich untertreib­e lieber ein bisschen, anstatt den Mund zu voll zu nehmen – wie andere, die vor mir hier gesessen sind. Um die Leute positiv zu überrasche­n. Das, glaube ich, ist mir geglückt. Das Publikum hat verstanden, dass hier eine super Arbeit gemacht wird.

Sie haben tatsächlic­h eine Auslastung von 83 Prozent?

Ja. Ich habe eben eine Liste mit den beliebtest­en Aufführung­en in dieser Saison erstellen lassen: „Mephisto“ist zu 98 Prozent ausgelaste­t, „Medea“zu 96 Prozent, „Der Besuch der alten Dame“zu 94 Prozent, „John Gabriel Borkman“zu 98 Prozent und so weiter. Es ist unglaublic­h! Die Kartenerlö­se stiegen sukzessive um fast ein Drittel von 7,44 Millionen Euro in der Saison 2013/’14 auf zuletzt 9,58 Millionen.

Eine ziemliche Vorgabe für Ihren Nachfolger Martin Kušej?

Er hat aber auch etwas von den exzellente­n Einnahmen: Ich übergebe das Haus nicht nur schuldenfr­ei, sondern auch mit einem Polster. Das ist für ihn schon ganz fein. Und: Am Anfang war gar nicht klar, ob wir das Kasino am Schwarzenb­ergplatz als dritte Spielstätt­e halten können. Ich musste darum kämpfen. Nun gibt es sogar Rücklagen, zweckgewid­met für die Renovierun­g.

Kušej beginnt im September – und alles wird neu?

Er hat ja schon einiges verraten, darunter sein Interesse an einer Internatio­nalisierun­g. Aber das müssen Sie ihn fragen.

Klingenber­g holte in den 70erJahren viele europäisch­e Regisseure. Und Achim Benning wandte sich dem Osten zu.

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