„Medien sind sensibler
Nach der Häufung von Frauenmorden wird über Berichterstattung und Nachahmung diskutiert.
Fünf Frauenmorde innerhalb weniger Wochen haben Österreich erschüttert – und eine Diskussion über die Gründe für die hohe Zahl an ähnlichen Taten hierzulande in Gang gesetzt.
Man habe das Gefühl, dass „Nachahmungstäter“am Werk sind, meinte etwa Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) unter anderem in der ORF2-Diskussionssendung „Im Zentrum“.
Martin Rettenberger, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden, kann diese Einschätzung nicht teilen: „Mir scheint diese Aussage in dieser Pauscha- lität nicht schlüssig zu sein. Es ist kriminalpsychologisch kaum nachvollziehbar, warum Raub, Körperverletzung, Tötungsdelikte oder auch Sexualstraftaten aufgrund von Nachahmer-Effekten zunehmen sollten“, erklärt Rettenberger dem KURIER. „Es ist allerdings plausibel, dass jene Delikte ansteigen, bei denen die Motivation (öffentliche) Aufmerksamkeit ist.“Als Beispiele nennt Rettenberger AmokTaten und politisch motivierte Straftaten wie Anschläge auf politische Gegner und Geflüchtete, aber auch das Verbreiten von verfassungs- feindlichen Botschaften. „Hier kann es selbstverständlich zu Nachahmern kommen, wenn bemerkt wird, dass der gewünschte Effekt mit bestimmtem Verhalten erzielt werden kann.“
Sensationsträchtig
Nachahmungen von Suiziden sind unter dem Schlagwort „Werther-Effekt“bekannt – benannt nach Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“, nach dessen Erscheinen 1774 es zu einigen Selbstmorden gekommen war. Besonders detailreiche, sensationsträchtige Berichterstattung über Suizi- de kann demnach bei gefährdeten Personen zu Nachahmungen führen. Medien sollten daher nur zurückhaltend über solche Fälle berichten – das ist auch im Ehrenkodex des österreichischen Presserats so festgehalten. Umgekehrt beschreibt der „Papageno-Effekt“die positiven Auswirkungen von Berichten, in denen Lösungen für die Bewältigung persönlicher Krisen aufgezeigt werden.
Zurückhaltend
Nachahmungseffekte bei Morden seien „nach wie vor weniger untersucht als Nachahmungseffekte bei Selbstmorden“, sagt Kommunikationswissenschaftlerin Astrid Zipfel von der HeinrichHeine-Universität Düsseldorf, die sich mit Medien und Gewalt beschäftigt. „Nach meiner Einschätzung genügt der Forschungsstand aber, um dafür zu plädieren, auch bei der Berichterstattung über Morde – ähnlich wie bei