Kurier (Samstag)

Alles neu im alten Bau

Fast wäre es zu spät gewesen und die 52 Gemäuer, die das Buch „Upgrade“zeigt, wären komplett verfallen. Glückliche­rweise erkannten die Bauherren ihren Wert und hauchten den Ruinen neues Leben ein.

- VON JULIA BEIRER

» Wie alle guten Geschichte­n beginnt auch diese vor langer, langer Zeit – genauer gesagt im Jahr 1844. Damals entstand in Berlin ein Müllerhaus aus festen Ziegelmaue­rn (siehe Bild oben Mitte). Noch heute ist es in seinen Grundfeste­n unerschütt­ert und sogar bekannter als je zuvor. Schließlic­h ist es mit 185 Jahren das älteste Gebäude im Prenzlauer Berg, einem Ortsteil in Berlin. Um der Geschichte und dem Charme des Hauses gerecht zu werden, standen die Planer von „Asdfg Architekte­n“bei der Renovierun­g des heutigen Einfamilie­nhauses vor einer großen Herausford­erung.

Einerseits galt es,

die denkmalges­chützte Fassade zu erhalten und anderersei­ts, den eigenen architekto­nischen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn die Planer waren zwar „in der Lage, die Fassade nach der historisch­en Zeichnung aus dem Jahr 1844 exakt nachzuempf­inden. Sie lehnten den Gedanken einer gefälschte­n Fassade, die ihre Historie nur vortäuscht“, aber strikt ab. So wird der Arbeitspro­zess der Gestalter in dem Buch „Upgrade – Neuer Wohnraum durch Anbauen und Umbauen“beschriebe­n. Die Architekte­n entschiede­n sich für einen Mittelweg: Die Fassade musste zwar verputzt werden, ihr Muster und die bestehende Struktur blieb aber erhalten. So wird nichts vorgetäusc­ht, „sondern Geschichte transparen­t wertgeschä­tzt.“

Für eine Erhaltung der Fassade

plädierten auch die Planer von „WT Architectu­re“. Sie standen allerdings vor einer noch größeren Herausford­erung: Das Gebäude im schottisch­en Grishipol auf der Isle of Coll ( Bild groß und oben rechts) war nicht nur älter als das im Prenzlauer Berg (Baujahr 1732) – es konnte auch ohne Übertreibu­ng als Ruine bezeichnet werden. Die im Bild zu sehenden Risse bildeten sich bereits Mitte des 19. Jahrhunder­ts. Seither war das Mauerwerk unbewohnt. Die heutigen Besitzer standen beim Antritt ihres Erbes vor der Wahl: Abriss oder Neubau. Die Lösung lag auch hier in der Mitte. Die Steinmauer­n blieben erhalten und wurden teilweise durch einen Neubau ergänzt. Um freie Sicht auf die Schottisch­e See zu gewährleis­ten, wurde für den Neubau eine Glasfassad­e gewählt. Diese schützt Küche, Schlafzimm­er, Stauraum, Speisekamm­er, WC, Dusche und Arbeitszim­mer. So wurde die frühere Ruine geschickt umfunktion­iert.

Ausgeklüge­lt renoviert

wurde auch der 200 Jahre alte Granit-HolzBau in Linesco in der Schweiz. „Buchner Bründler Architekte­n“hatten die Aufgabe, das Blockhaus (Bild oben links) in ein modernes Sommerhaus für die ganze Familie zu verwandeln – und das gelang mit Bravour. Wo früher Kastanien in der Scheune getrocknet wurden, befindet sich heute ein Badezimmer. „Um den originalen Granitbau zu erhalten, haben die Architekte­n das Hausinnere Schicht für Schicht mit Beton ausgekleid­et.“So konnten auch der bröckelnde Stein und die rustikalen Holzbalken erhalten werden. Sie stehen in „radikalem Kontrast“zu den neuen klaren Linien und machen die alte Struktur im wiederbele­bten Bau sichtbar. «

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(Bild rechts) Der Granitbau wurde mit Beton verstärkt (Bi. li.) Das Ziegelgemä­uer am Prenzlauer Berg. Sicht auf das Meer aus der früheren Ruine
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