Tödlicher Unfall in Wien zeigt drohende Probleme beim Rechtsabbiegen bei Rot auf ANALYSE
Trotz Nachrüstungen gibt es Unfälle. Rechtsabbiegen bei Rot könnte die Situation verschärfen.
Über die genauen Details des tödlichen Unfalls in WienLandstraße hüllt sich die Polizei in Schweigen. Fest steht, dass ein Sattelschlepper beim Abbiegen einen neunjährigen Buben überfuhr, der mit seinem Roller über den Zebrastreifen unterwegs war.
Ein Mitgrund, warum der Lkw-Lenker den Buben übersah, war wohl auch der tote Winkel, der gerade im Schwerverkehr sehr groß ist. Nachdem vor Jahren die Experten – auch im KURIER – Alarm schlugen, dass man im toten Winkel ganze Schulklassen verstecken könnte (Grafik), reagierten Hersteller und EU. Die Lkw-Spiegel wurden vergrößert, es gibt Assistenzsysteme. Aber so ganz lässt sich das Problem nicht aus der Welt schaffen. Die EUVerordnung besagt nur, dass Personen über 155 Zentimeter für den Fahrer sichtbar sein müssen. Kinder bleiben der Gefahr also ausgeliefert.
Gefährliche Begegnung
Egal, wer nun Grünlicht oder Rotlicht hat, solche oder ähnliche Unfälle könnte es künftig häufiger geben. Lkw dürfen dann bei Rot rechts abbiegen und viele Fußgänger gehen auch einmal trotz Verbots über die Straße, das wird zu brenzligen Situationen führen. Auch nebenherrollende Radfahrer könnten unter die Räder kommen. Untersuchungen in Deutschland ergaben, dass sich die Unfallzahlen an Kreuzungen durch diese Maßnahme verdoppeln.
Selbst ÖAMTC und ARBÖ, die man wohl nicht als Autofahrergegner sehen kann, sind skeptisch bis ablehnend für eine generelle Freigabe von Rechtsabbiegen bei Rot. Die beiden Autofahrerclubs haben Experten und wenn man auf diese gehört hätte, hätte man sich so manches Konfliktpotenzial (wie etwa die Rettungsgasse) erspart. Das Pilotprojekt in Linz wurde von ÖVP, FPÖ, Neos dennoch und just an jenem Tag des tödlichen Unfalls beschlossen.
Jeder Verkehrsminister war stets auf der Suche nach einem Prestigeprojekt auf der Straße. Norbert Hofer könnte das mit seinem Tempo 140 erreichen, das bisher erfolgreich verläuft. Das Rechtsabbiegen bei Rot könnte schief gehen. Vielleicht wäre es sinnvoll, das zweite Prestigeprojekt fallen zu lassen.