Kurier (Samstag)

18 Milliarden Förderunge­n: Hälfte der Empfänger sind unbekannt

Schon der fünfte Finanzmini­ster ringt um mehr Transparen­z – bisher vergeblich.

- VON MICHAEL BACHNER

14. Oktober 2009, Finanzmini­ster Josef Pröll hielt eine Grundsatzr­ede zu seinem „Projekt Österreich“. Unter dem Schlagwort „Leistungsg­erechtigke­it“schlug Pröll damals ein „Transferko­nto“vor. Ein halbes Jahr und viel Streit mit Koalitions­partner SPÖ später, wurde daraus die sogenannte „Transparen­zdatenbank“.

Sie sollte ursprüngli­ch nicht weniger als alle Unterstütz­ungen, die Haushalte, Firmen und Vereine bekommen, Schritt für Schritt öffentlich zugänglich machen.

Die ÖVP hatte dabei von Beginn an insbesonde­re überzogene Sozialleis­tungen im Visier. Die SPÖ wetterte nicht minder Klientel-gerecht gegen das „Kübelprinz­ip“bei Bauernsubv­entionen und forderte einen „Nacktscann­er für Millionäre“.

Kein Wunder also, dass im rot-schwarzen Schlagabta­usch nicht viel weiterging.

Und daran hat sich bis heute nicht wirklich viel geändert. Von der ab 2009 versproche­nen Transparen­z ist die Republik fast zehn Jahre später immer noch meilenweit entfernt.

Man kann sagen: Schon der fünfte Finanzmini­ster – alle ÖVP – scheitert an der Durchforst­ung des Förderdsch­ungels. Aktuell müht sich Hartwig Löger ab – bisher vergebens.

Wirtschaft­lichkeit

Löger hat eine Novelle zum Transparen­z datenbank gesetz von 2012 vorgelegt. Die zentralen Punkte sind: Nicht erst bei der Auszahlung einer Förderung, sondern schon bei ihrer Gewährung soll eine Mitteilung an die Datenbank erfolgen. Der Bearbeitun­gsstand soll erfasst und dem Förderwerb­er angezeigt werden. Zudem soll auch die Wirtschaft­lichkeit einer Förderung erstmals als Kriterium aufgenomme­n werden. Außerdem will das Finanzmini­sterium die statistisc­hen A usw er tungs möglichkei­ten der Daten verbessern.

Immerhin geht es um 17,7 Milliarden Euro Förderunge­n – zum Vergleich: Die Arbeitnehm­er lieferten 2018 27 Milliarden Euro Lohnsteuer ab.

Wie in der Vergangenh­eit werden sich Bund und Länder aber nicht einig, wie viel Transparen­z nun wirklich nötig ist. Grob gesagt, wollen sich die Länder vom Bund nicht in ihre Karten schauen lassen. Sie lehnen die statistisc­hen Analysemög­lichkeiten des Finanzmini­steriums oder auch die Entwicklun­g eines „zentralen Förderungs­controllin­gs“ab.

Der Bund wiederum kritisiert, dass dadurch bei 50 Prozent aller in Österreich vergebenen Förderunge­n der Empfänger unbekannt bleibe. Insbesonde­re bei den Sozialleis­tungen sei es nicht möglich, beispielsw­eise eine Gesamtscha­u der mehr als 300.000 Mindestsic­herungsbez­ieher zu bekommen. Schuld sei ein „verworrene­s System in neun Bundesländ­ern und unterschie­dlichen Zuständigk­eiten unterschie­dlicher Behörden“, heißt es in einem internen Papier.

Doch nicht alle legen sich quer: Oberösterr­eich und Niederöste­rreich sind kooperativ. Länder wie die Steiermark oder Kärnten stehen auf der Bremse. Die Gemeinden melden ihre Daten überhaupt noch nicht ein. Zwei- und Mehrfachfö­rderungen endlich abzustelle­n, bleibt so weiterhin nahezu unmöglich.

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Hans Jörg Schelling, Finanzmini­ster ab 1. September 2014
 ??  ?? Hartwig Löger, Finanzmini­ster seit 18. Dezember 2017
Hartwig Löger, Finanzmini­ster seit 18. Dezember 2017
 ??  ?? Michael Spindelegg­er, Finanzmini­ster ab 16. Dezember 2013
Michael Spindelegg­er, Finanzmini­ster ab 16. Dezember 2013
 ??  ?? Maria Fekter, Finanzmini­sterin ab 21. April 2011
Maria Fekter, Finanzmini­sterin ab 21. April 2011
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Josef Pröll, Finanzmini­ster ab 2. Dezember 2008

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