Kurier (Samstag)

SPÖ zieht gegen „Gedankenpo­lizei“ins Feld

Verfassung­sgerichtsh­of prüft, ob die Spionageso­ftware gegen Grundrecht­e verstößt

- – WOLFGANG ZAUNBAUER

„Bespitzelu­ng, Ausspähung, Gedankenpo­lizei“– es ist ein düsteres Szenario, das Hannes Jarolim zeichnet. „Tiefe Eingriffe in Persönlich­keitsrecht­e“, ermöglicht durch das Überwachun­gspaket, das die Koalition im vergangene­n April beschlosse­n hat. „Dagegen gilt es anzutreten“, sagt der Justizspre­cher der SPÖ am Freitag und kündigt für Montag den Gang zum Verfassung­sgerichtsh­of an.

Konkret geht es um die Online-Überwachun­g mit- tels „Bundestroj­aner“. Mit dieser Spionageso­ftware kann verschlüss­elte Kommunikat­ion überwacht werden.

5 Grundrecht­sverstöße

Dadurch würden jedoch nicht weniger als fünf Grundrecht­e verletzt, sagt der von Jarolim hinzugezog­ene Rechtsanwa­lt Ewald Scheucher: Privatsphä­re, Datenschut­z, Fernmeldeg­eheimnis, Meinungs- und Informatio­nsfreiheit und Unschuldsv­ermutung. Und zwar völlig unverhältn­ismäßig, meint Scheucher. Denn laut Gesetz braucht es für den Einsatz der Überwachun­gssoftware einen konkreten Tatverdach­t. Dabei wären aus Sicht Scheuchers in einem solchen Fall die klassische­n Ermittlung­smethoden – Observatio­n, Hausdurchs­uchung, Beschlagna­hme von Computern – wesentlich effektiver.

Für den Juristen drängt sich der Verdacht auf, dass mit dem Bundestroj­aner überhaupt erst ein „Ver- dachtsauff­indungstoo­l“geschaffen werden soll.

Und noch einen Widerspruc­h zeigt Scheucher auf: Um solche Spionageso­ftware überhaupt einsetzen zu können, muss die ermittelnd­e Behörde (das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g BVT) eine kritische Lücke im Sicherheit­ssystem nutzen. Dabei wäre es gerade auch eine Aufgabe des BVT, solche Lücken zu schließen.

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