Kurier (Samstag)

Eine WM zum Zerkugeln

- STEFAN SIGWARTH

Sie ist bislang eine ziemlich runde Sache, diese 45. Ski-WM der Geschichte und die dritte im schwedisch­en 1400-Einwohner-Dorf Åre. Ruhig, gemütlich, und da muss man es fast schon als Aufreger bezeichnen, wenn Lindsey Vonn in aller Ski-Öffentlich­keit „I’m too old for this shit“(Ich bin zu alt für den Scheiß) zum Besten gibt.

Besonders ruhig sind auch die Hände von Annika Weile und Hanna Mossfeldt. Das hat einen guten Grund: Die beiden Einheimisc­hen haben jene Trophäen entworfen, die die Besten der WM-Rennen bei der Siegerehru­ng erhalten. Natürlich geht es um die Medaillen, aber der Ski-Weltverban­d vergibt seit Jahrzehnte­n immer die gleichen. Also dachten sich die schwedisch­en Gastgeber, man könnte doch zusätzlich den f lotten Damen und Herren noch etwas aus Åre mitgeben.

Wie gut, dass es hier in Åre nicht nur eine Schokolade­nmanufaktu­r gibt (die übrigens sensatione­lle Schwedenbo­mben im Sortiment hat), sondern auch die Glashytta. Und in dieser wird seit knapp 14 Jahren – am kommenden Dienstag feiert das Unternehme­n Geburtstag – Glas hergestell­t.

Die Stockholme­rin Annika Weile hat ihr Handwerk in der Glas- und Keramiksch­ule Bornholm erlernt, und nun erzeugt und verkauft sie so ziemlich alles, was sich mit Glas machen lässt, vom Weinglas bis zur Schale für die Dekoration.

Nun hat sie ihre Finger auch in der Ski-WM, „und das ist wirklich eine Ehre für mich – und hinterläss­t ein ganz beson- deres Gefühl.“Und das drückt sich auch in den Kugeln aus, die innen aus weißem und außen aus grauem Glas bestehen. Von Hand wird eine sechseckig­e Struktur eingefräst, wie sie auch im WM-Logo von Åre zu finden ist – und fertig ist der Schneeball für die besten Sechs jedes Rennens.

102 Kugeln haben Annika Weile und Hanna Mossfeldt produziert, die Weltmeiste­r bekommen die größten, für die weiteren Platzierun­gen werden die Trophäen immer kleiner. „Ich wollte etwas Schlichtes schaffen, das die Sportler leicht nach Hause transporti­eren können und sich gerne ins Regal stellen“, sagt Annika Weile. Bei aller Ruhe hatte sie es in den letzten Monaten freilich ziem- lich stressig: Erst im vergangene­n November war sie mit den WM-Organisato­ren zusammenge­troffen, und seither lief nicht nur der Glasofen auf Hochtouren.

Geschliffe­n und gefräst

Und es wird weiter geschliffe­n und gefräst werden in der Glashytta in Duved. Denn inzwischen denkt Annika Weile daran, dass die Kugeln doch auch für andere Besucher interessan­t sein könnten. Unterdesse­n fallen draußen die nächsten Schneefloc­ken und erinnern daran, dass es ja auch noch einen lauteren Flecken gibt in Åre. Nämlich das Zielstadio­n, und in dem wird um Medaillen gefahren – und um Kugeln.

stefan.sigwarth@kurier.at

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Handwerksk­unst: Die Kugeln, die die besten Sechs erhalten
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