Kurier (Samstag)

Der Islam verschwind­et aus den Schulzeugn­issen

Muslime wollen gegen Erlass des Bildungsmi­nisteriums nun Rechtsmitt­el ergreifen.

- VON BERNHARD ICHNER

In den Zeugnissen muslimisch­er Schüler dürfte als Bezeichnun­g für das Religionsb­ekenntnis auch weiterhin statt „Islam“die Kurzform der Islamische­n Glaubensge­meinschaft – „IGGÖ“– stehen. Und bei alevitisch­en „Alevi“. Denn bei einem Besuch einer IGGÖ-Delegation im Unterricht­sministeri­um kamen die Verhandler am Freitag auf keinen grünen Zweig. Ganz im Gegenteil: Da man sich im Ressort von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann „nicht verhandlun­gsbereit“gezeigt habe, würden nun rechtliche Schritte gegen den Erlass geprüft, heißt es.

Zudem befürchtet man in der IGGÖ, dass „Islam“als Bezeichnun­g für das Religionsb­ekenntnis aus allen persönlich­en Dokumenten verschwind­en könnte – was das Kultusamt dementiert.

Weitere Gespräche?

Die Vertretung der Muslime in Österreich spricht beim Zeugnis-Erlass von Diskrimini­erung. Denn durch die Bezeichnun­g „IGGÖ“werde „unser Religionsb­ekenntnis ausgelösch­t“, sagt Sprecher Rusen Timur Aksak. Die Regelung sei einzigarti­g, da sie weder christlich­e noch jüdische Schüler in vergleichb­arer Form treffe. Zudem sei die Glaubensge­meinschaft in die Entscheidu­ng nicht einbezogen worden, kritisiert deren Präsident, Ümit Vural.

Die Neuregelun­g, die auf einer Entscheidu­ng des Kultusamts fuße, wird im Unterricht­sministeri­um zwar als rechtens erachtet. Man beabsichti­ge aber „nicht die Schlechter­stellung einer Religion bzw. einer Religionsg­emeinschaf­t“und sei „an einer pragmatisc­hen Lösung interessie­rt“. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, man habe weitere Gespräche vereinbart, erklärt eine Sprecherin. Bei der IGGÖ wird Letzteres bestritten.

Das Kultusamt begründet die neuen Bezeichnun­gen jedenfalls mit der Unterschei­dbarkeit der Bekenntnis­se. „Islam“sei quasi zu ungenau. Bei der IGGÖ kann man das nicht nachvollzi­ehen. So würden sich aleviti- sche Eltern „niemals irrtümlich für den islamische­n Religionsu­nterricht entscheide­n“, sagt Aksak. „Islam“durch „IGGÖ“zu ersetzen, habe also keinerlei Nutzen.

Das Vorgehen sei „eines Rechtsstaa­tes nicht würdig“, meint Vural. Das Ministeriu­m zwinge die IGGÖ „zu klaren Schritten“. Daher werde man betroffene Eltern, die sich rechtlich zur Wehr setzen, unterstütz­en.

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Bei christlich­en Schülern steht „römisch-katholisch“, bei muslimisch­en „IGGÖ“. Das empört Muslime
 ??  ?? IGGÖ-Präsident Ümit Vural kündigt rechtliche Schritte an
IGGÖ-Präsident Ümit Vural kündigt rechtliche Schritte an

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