Eine Riesenshow noch vor dem Song Contest
Das „Festival della canzione Italiana“kürt bei Traum-Einschaltquoten den (möglichen) Vertreter Italiens Spiegel Vision
Heute im Hauptabendprogramm von RAI 1, frei empfangbar übers Internet, wird die Finalentscheidung der 69. Ausgabe des „Festival della canzione Italiana“gesendet. Der Gewinner darf Italien beim Song Contest in Tel Aviv vertreten, er muss aber nicht. Traditionell ist das Sanremo Festival das wichti- geste TV Ereignis Italiens. An fünf Abenden wird aus dem Teatro Ariston live übertragen. Die Zuschauerquoten waren 2018 sensationell: 52 Prozent Marktanteil bei 11,6 Millionen Zusehern.
Dieses Jahr könnten die Zahlen übertroffen werden, da die Gestalter eine geschickte Mischung aus altbekannten und aktuellen Künstlern zusammengestellt haben. Hinzu kommen noch Stargäste. Zur Ermittlung des Siegers werden alle Möglichkeiten eines Auswahlsystems berücksichtigt: Televoting, Fachjury, Pressejury.
Weit nach Mitternacht wird das Ergebnis feststehen. Kurz gesagt: Unter 24 Teil- nehmern wird Ultimo mit seinem Song „I tuoi particolari“mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen. Er vereint alle Kriterien, die man bei einem italienischen Beitrag zum Song Contest erwartet. Besonders anspruchsvoll ist der Song nicht. Singen kann Ultimo, aber der Refrain, gefühlte 26-mal wiederholt, ist so nervig, dass sich bald ein Ausschaltimpuls einstellt. Eine Kürzung des Songs käme ihm entgegen. Zur Wahl stehen auch Künstler, die bei uns bekannt sind: Anna Tatangelo, Ultimo, Nek, Il Volo, Daniele Silvestri, Nino D’Angelo und Patty Pravo (70). Aus meiner Sicht enttäuschen sie alle durch die Bank. Schade!
Der Star
Der wirkliche Star der Sendung ist der beliebte Sänger Claudio Baglioni, der sich wieder als Moderator präsentiert. Der Sympathieträger ist zugleich künstlerischer Leiter des Festivals. Seine lockere, charmante Art federt manche Peinlichkeit gut ab. Das Retro-Bühnenbild des Vorjahrs mit zwei klassischen Showtreppen ist einer modernen, neutralen, intimen Bühne gewichen. Geblieben ist das große Orchester mit den wechselnden Dirigenten und natürlich der gewöhnungsbedürftige kindische Humor, der italienischen Showsendungen zu eigen ist.
Beim Durchhören aller zur Wahl stehenden Songs, fällt auf, dass Melodik und gut gebaute Songs kaum existieren. Bei manchen ist der Refrain nicht bemerkbar, nur textlastiger Sprechgesang ohne Ende. Das Mitteilungsbedürfnis italienischer Popkünstler ist, wie in den letzten Jahren, erstaunlich hoch.