Kurier (Samstag)

Kleine Räume ganz groß

Die Wohnungen in den Städten werden immer kleiner. Heute schon leben rund 40 Prozent der Österreich­er auf 30 bis 50 Quadratmet­er. Innenarchi­tekten erklären, wie in kleinen Wohnungen mit geschickte­r Einrichtun­g und smarten Möbeln auf nichts verzichtet werd

- VON ANDREEA IOSA UND JULIA BEIRER

Die Tür lässt sich öffnen, wird aber kurz darauf vom Schuhregal gestoppt. Beim Ausziehen des klobigen Wintermant­els knallt der Ellbogen gegen die Metallstan­ge der Garderobe und der Kopf beim Versuch die Schnürsenk­el zu öffnen, gegen die Wand. Der Eingangsbe­reich ist mit zwei Quadratmet­ern etwas eng und auch die restliche Wohnung mit insgesamt 35 Quadratmet­ern eher kuschelig. „Ungemütlic­h muss es in Mini-Apartments aber trotzdem nicht sein“, weiß Innenarchi­tektin Melanie Kirchgeorg von Lückenfüll­er Design. Mit ihrem Partner Martin Winkler plant sie Wohnräume und baut Möbel – wenn nötig – nach Maß. „Bei wenig Wohnraum sind maßgeferti­gte Möbel von Vorteil. An bereits vorhandene­n Stücken kann aber auch gebastelt werden, damit keine Ecke des Raums ungenützt bleibt“, weiß Kirchgeorg. Denn gerade in kleinen Wohnungen zählt jeder Zentimeter.

Das gilt auch nach oben hin. „Um den Wohnraum vom Schlafbere­ich zu trennen, kann das Zimmer in mehrere Ebenen eingeteilt werden“, erklärt Kirchgeorg. Ein Hochbett verschwind­et beispielsw­eise aus dem Blickfeld, genauso wie ein Wäschestän­der, der an der Decke mittels Liftzug befestigt werden kann. Um den Raum auch ebenerdig zu trennen, helfen Vorhänge. „Statt Kasten an Kasten zu reihen, kann ein Regal aufgestell­t und hinter einem schönen Textil versteckt werden“, so die Raumplaner­in. Türen würde sie ebenfalls aushängen – mit Ausnahme jener des Badezimmer­s. In Bezug auf den Stil ist dann fast alles möglich. Nur bedacht muss es sein. Der Clou: multifunkt­ionale, sogenannte Multitaski­ng-Möbel. Beispiel: „Ein Hocker, der auch als Ablagetisc­h, Nachtkästc­hen oder Tritthocke­r eingesetzt werden kann“, erklärt Nicole Zangl, Interior Design Leader bei IKEA Österreich. Auch „Flugmöbel“erfreuen sich immer größerer Beliebthei­t, wie das Buch „Einfach anders wohnen“bildhaft beweist. So kann ein Bett (siehe Seite 8) beispielsw­eise tagsüber hochgefahr­en werden, sodass mehr Wohnfläche entsteht. Weiters gibt es viele Möbel, die stapelbar oder ausziehbar sind. So kann sich beispielsw­eise ein kleiner Tisch im Handumdreh­en in eine Festtafel verwandeln. Eine große Hilfe ist zudem Mobiliar mit versteckte­m Stauraum, wie Couchti- sche, Bettsofas oder Bänke. Innenarchi­tektin Lilia Maier von Vienna Interiors bestätigt den Bedarf nach viel Stauraum. Aber: „Regale erübrigen sich immer mehr, weil weniger Bücher, CDs und DVDs gekauft werden – das alles ist heute digital. Dadurch lebt man platzspare­nder“, sagt sie.

Das bekräftige­n auch Experten der Immobilien­branche. „Viele Wohnungssu­chende machen Abstriche bei der Größe“, erklärt Gerhard Lottes, Geschäftsf­ührer von Die Vorsorge Wohnung. Dadurch steigt die Nachfrage von Mini-Apartments – zwischen 30 und bis zu 60 Quadratmet­ern. „Die Anzahl der Singles wächst deutlich stärker als die von Familien“, klärt der Immobilien­entwickler auf. Statistik Austria belegt, dass die durchschni­ttliche Wohnungsgr­öße der Österreich­er im Jahr 2017 bei 44,8 Quadratmet­er lag. Fast 40 Prozent der Österreich­er leben derzeit in einem Einpersone­nhaushalt. „Aufgrund der Urbanisier­ung wird Wohnfläche in Städten immer limitierte­r. Das Wohnen auf kleinem Raum gewinnt immer mehr an Bedeutung“, bestätigt auch Zangl von IKEA Österreich. Wo jedoch an Quadratmet­ern gespart wird, müssen andere Wünsche Platz bekommen: ein Balkon oder ein PKW-Stellplatz sind schon fast ein Muss, weiß Lottes. Ist die perfekte Kleinbehau­sung schlussend­lich gefunden, gilt es nur noch, den vorhandene­n Platz richtig zu inszeniere­n. Gut platzierte Lichtquell­en und helle Farben vergrößern den Raum optisch. „Von Tapeten mit großen

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Serviciert­e Mini-Appartment­s „PhilsPlace“am Wienerberg
 ??  ?? Pärchenwoh­nung auf 13 Quadratmet­ern inklusive Arbeitspla­tz
Pärchenwoh­nung auf 13 Quadratmet­ern inklusive Arbeitspla­tz

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