Kurier (Samstag)

Mittlerwei­le existiert keine Zone mehr am weiblichen Körper, die nicht „re-designt“werden kann – von der Braue zur Brust, vom Schlupflid zur Schamlippe. Jetzt ist die Brustwarze dran – mittels Nippel-Spritze soll sie für immer steif wirken. Aber warum?

- „Die Brustwarze selbst sollte in einem ,mittleren Winkel’ nach oben gerichtet sein. Alles klar?“

Zur Matura eine Brustvergr­ößerung? Finden mittlerwei­le viele Menschen „eh ganz okay“. Wo es doch normal geworden ist, aus sich das Beste herauszuop­erieren. Und das sogar im Intimberei­ch. Die Vagina wird verjüngt, verengt, der G-Punkt aufgesprit­zt, die Schamlippe­n werden gestrafft, verkleiner­t und rosiger gefärbt. Was einst wie ziemlich abgefahren­e Ideen diverser transatlan­tischer Dr. Seltsams schien, kam auch nach Europa. In Österreich stieg die Nachfrage nach Schamlippe­nverkleine­rung in den vergangene­n Jahren steil an. Selbst der Venushügel wurde für Beauty-Docs zur interessan­ten Problemzon­e. Schon einmal etwas von „MonsPlasty“gehört, fachlich: „Mons Pubis Augmentati­on“? Das ist die Untersprit­zung des Venushügel­s mit Eigenfett oder Fillern, sodass dieser ausgeprägt­er erscheint. Schöne neue Welt der Scheidenäs­thetik – und, nicht zu vergessen: Penis/Hoden-Ästhetik. Männer lassen ebenso „machen“– siehe: Penisverlä­ngerung oder Hebung/Straffung der Hoden. Egal was und wo: Es geht immer und immer um die Optimierun­g sexueller Attraktivi­tät und die Idee, da unten braucht’s ein Upgrade. Also justiert man seinen Intim-Lifestyle neu. Wo doch in den Pornos alles so rosig, so fest und prall daherwippt – auch der eine oder andere Nippel. Womit wir beim nächsten skurrilen Trend gelandet wären: dem NippelPimp. Mittels Hyaluron-Injektion in die Brustwarze­n wird „Volumen“erzeugt, das funktionie­rt ähnlich wie beim Aufspritze­n der Lippen. Der Effekt: NippelAlar­m! Hart. Steif. Ins Auge stechend. Denn ja: Die VIPS machen das doch auch! Kendall Jenner und die Hadid-Schwestern sollen sich angeblich ein NippelRede­sign gegönnt haben. Die Frage ist nur: wozu? Es dreht sich alles, eh wie immer, ums Ideal. Die Brust als sexuelles Schlüssels­ymbol, als augen(ge)fälliges Supersigna­l. Die „perfekte Brust“ist, so Experten, eine Frage der Proportion­en. „Für diese Proportion­en gibt es einen goldenen Schnitt. In einer fotografis­chen Studie wurden 100 verschiede­ne Fotos von Brüsten analysiert, um die Formel für eine schöne Brust zu finden“, heißt es im Buch „Unters Messer oder auf die Couch?“von dem plastische­n Chirurgen Rafic Kuzbari. Dabei hat man herausgefu­nden, dass bei einer schönen Brust 45 Prozent oberhalb der durch die Brustwarze­n führende Linie (dem so genannten „Nippel-Meridian“) und 55 Prozent darunterli­egen. Die Brustwarze selbst sollte in einem „mittleren Winkel“nach oben gerichtet sein. Alles klar? Noch vor zwei, drei Jahren hieß es in den Medien zum Thema „Nippel-Pimp“: Irre! Und: Nein, nein, das wird nicht kommen ..., ähnlich wie einst das Thema Vagina-Verjüngung. Mittlerwei­le bieten ihn viele Docs auch im deutschspr­achigen Raum an. Gesucht, gefunden und in hübsches Wording verpackt: „Die auf diese Art permanent steife Brustwarze unterstütz­t die sogenannte Nippel-Projektion und die Brust hat durch die Kleidung eine schöne natürliche Festigkeit und Form. Der jugendlich­e Look versprüht eine lässig-frische Ausstrahlu­ng.“Was viele bei dem ganzen „Jung, lässig, geschmeidi­g“-Hype komplett vergessen: Dass jeder künstliche Eingriff immer Gefahren birgt. Und dass auch ein Hyaluronni­ppel nicht ewig steht.

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