Geschichte-Serie
Der Ansporn, die Welt zu erobern, waren Gewürze. Als der Portugiese Ferdinand Magellan vor 500 Jahren aufbrach, war das einer der Meilensteine in der Geschichte der Globalisierung
Magellan ist damals sicherheitshalber nicht an Land gegangen. Wochenlang hatte er nach einer sicheren Passage durch die zerklüftete Fjordlandschaft am südlichen Ende des amerikanischen Kontinents gesucht. Er trotzte Strömung und Stürmen, Wind und Wellen. Was der Portugiese aber am Ufer sah, war ihm dann doch nicht geheuer: „Eines Tages, als niemand es erwartete, sahen wir am Meer einen völlig nackten Riesen. Er tanzte und sprang und verteilte singend Sand und Staub über seinen Kopf. Er war so groß, dass der größte von uns ihm gerade bis zur Taille reichte.“Schockiert beschrieb der Chronist der Expedition, Antonio Pigafetta, die Szene. Kein Seemannsgarn übrigens – Spanier und Portugiesen waren klein, die Ureinwohner des fremden Landes dagegen hoch gewachsen.
„Monatelang hat Magellan die Atlantikküste Südamerikas abgesucht und ist nach dem Motto ,Versuch und Irrtum’ in jede größere Bucht hineingesegelt“, berichtet der Historiker der Universität Wien, Friedrich Edelmayer. Der Zweck: Einen Weg zu den legendären Gewürzinseln finden. Ganz nebenbei sollte es auch die erste Weltumsegelung werden. Edelmayer spricht von einem „Wettlauf zwischen Spanien und Portugal“.
Um den zu verstehen, muss man etwas ausholen: Lange war der Gewürzhandel in den Händen der Araber und Venezianer. Im 15. Jahrhundert beschlossen die europäischen Königshäuser, das zu ändern und wünschten sich „dorthin, wo der Pfeffer wächst“– nach Indien. Denn damals wurde Pfeffer mit Gold aufgewogen. Und Muskat. Und Nelken. Und Zimt. Und all die anderen exotischen Gewürze.
Also schickte Heinrich der Seefahrer seine Kapitäne bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts aus, die westafrikanische Küste zu erkunden und einen Weg um Afrika herum zu finden. Das gelang Bartolomeu Dias 1488 – der Gewürzroute zur See stand nichts mehr im Wege. Außer die Araber vielleicht. Sie waren die wirtschaftliche Supermacht, die den Seehandel vor Indien beherrschte. Bis sich die Portu- giesen das Handelsmonopol im globalen Gewürzhandel mit brutalster Waffengewalt sicherten. Bereits die erste Schiffsladung Gewürze, die Vasco da Gama zurück nach Lissabon brachte, soll 60-mal so viel Wert gehabt haben, wie die komplette, zwei Jahre dauernde Expedition gekostet hatte. Es folgten jährliche „Indien Armadas“.
Wo der Pfeffer wächst
Wo die Gewürze wuchsen, wussten die Europäer aber nicht. Händler aus dem Fernen Osten lieferten sie nach Indien. Den Ursprungsort des Zimts entdeckten die Portugiesen 1505 per Zufall, als ein Sturm eines ihrer Schiffe an die Küste Sri Lankas trieb. Bis sie erfuhren, dass Muskatnüsse auf den winzigen Banda Inseln und Gewürznelken auf den SultanatsInseln Tidore und Ternate im heutigen Indonesien wuchsen, dauerte es weitere zehn Jahre. 1512 entdeckten die Portugiesen die für die damalige Zeit wertvollsten Flecken Erde der Welt, die sagenumwobenenGewürzinseln. Ein Besatzungsmitglied des Entdecker- schiffs soll Ferdinand Magellan gewesen sein, der sich später mit dem portugiesischen König überwarf und die Seiten wechselte.
Am 20. September 1519 startete er im Auftrag der spanischen Krone mit fünf Schiffen westwärts, um den Seeweg nach Indien und zu den Gewürzinseln zu finden. Hintergrund: „1494 wurden mit dem Vertrag von Tordesillas die Einflusszonen in der Welt aufgeteilt“, sagt Historiker Edelmayer. Das Pech der Spanier: „Das Abkommen versperrte ihnen den Weg nach Osten zu den Gewürzinseln. Magellan sollte einen Westweg finden, Gewürze einkaufen, damit man die Expeditionskosten wieder hereinbringt. Und das Monopol der Portugiesen brechen. Allerdings lag da ganz Südamerika im Weg.“
Dieses Hindernis räumte Magellan 1520 aus dem Weg, als er die eingangs erwähnte nach ihm benannte Magellanstraße entdeckte und als erster von Osten kommender Europäer in indonesische Gewässer vorstieß. „Als er auf den heutigen Philippinen eintraf, be- ging er einen strategischen Fehler. Er bekam einen Anfall von Missionseifer, wollte alle zum Christentum bekehren und die Herrschaft des spanischen Königs errichten“, sagt Edelmayer. „Das funktionierte nur auf einer Insel, als er es auf der nächsten versuchte, kames zu einer Auseinandersetzung. Magellan wurde getötet.“Sein Nachfolger als Kapitän wurde der Spanier Juan Sebastián Elcano, der an Bord der Victoria die Weltumsegelung auch beendete.
Die Vormachtstellung der Iberer auf den Gewürzinseln und im Welthandel sollte bis zum frühen 17. Jahrhundert währen, „bis sie die Niederländer vertrieben“, sagt Edelmayer. Eines aber steht fest: Die Entdeckung des Seewegs nach Indien durch den Portugiesen hat den globalen Handel für immer verändert.
INFO Spanien will das 500. Jubiläum der ersten Weltumsegelung drei Jahre lang feiern. 200 Projekte wurden vorgeschlagenen, 74 sollen umgesetzt werden, darunter die Wanderausstellung „Die längste Reise“, das Projekt einer Aktionstheatergruppe, die die Welt auf einem „Öko-Schiff“umsegeln will, sowie eine Oper unter Mitwirkung von Startenor Placido Domingo.