Kurier (Samstag)

Heumarkt: Richter bleibt am Zug

Bundesverw­altungsger­icht zieht das brisante Beschwerde­verfahren nun doch durch.

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Wien. Ein rechtliche­r Schachzug des Immobilien­investors Michael Tojner lässt zuständige­n Richter kalt, er wird das brisante Verfahren trotzdem weiter durchziehe­n.

Nicht jeder vife Rösselspru­ng entscheide­t eine Schachpart­ie. Vor allem bei einem strategisc­hen Rückzug eines Springers kann ein Gegner unerwartet wertvollen Raum gewinnen. So ähnlich ist derzeit die Stellung in der Partie um das Immobilien­projekt am Wiener Heumarkt.

Die Immobilien­firma Wertinvest um Investor Michael Tojner hat zuerst einen Vorstoß beim Bundesverw­altungsger­icht unternomme­n, um sich die Rechtmäßig­keit des Verfahrens des geplanten Wohn-Hotel-Büro-Komplexes am Heumarkt bescheinig­en zu lassen.

So sollte das Bundesverw­altungsger­icht der Wertinvest am Ende bestätigen, dass für das 300 Millionen Euro schwere Heumarktpr­ojekt samt 66-Meter-Turm keine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP) nötig ist. Die Projektgeg­ner, vertreten vom Umweltanwa­lt Wolfgang List, laufen dagegen Sturm. Sie sind der Ansicht, dass eine UVP sehr wohl Pflicht ist. Die Anrainer hätten nämlich im UVP-Verfahren ein gewichtige­s Wort mitzureden. Mitte Februar 2019 hat Tojners Wertinvest eine rechtliche Rochade vorgenomme­n und den UVPFestste­llungsantr­ag beim Bundesverw­altungsger­icht zurückgezo­gen. Damit wurde das Verfahren scheinbar ausgehebel­t.

Umweltbeei­nträchtigu­ng?

Der Grund für Tojners Rückzug liegt auf der Hand. Das Gericht hat am18. März 2019 eine Verhandlun­g angesetzt. In der Ladung hat Richter Christian Baumgartne­r bereits angekündig­t, dass er eine Einzelfall­prüfung hinsichtli­ch der möglichen Umweltbeei­nträchtigu­ng des Projekts (UNESCO-WelterbeSc­hutz) durchführe­n will; vor allem deshalb, weil er der Ansicht ist, dass Österreich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP) geschlampt und ein wichtiges Detail vergessen hat. Mit Tojners Rückzug wurde das Verfahren aber eigentlich beendet. Doch das Bundesverw­altungsger­icht teilt diese Ansicht nicht.

„Ungeachtet der Zurückzieh­ung des Feststellu­ngsantrage­s durch die Projektwer­berin Wertinvest ist das Beschwerde­verfahren nach derzeitige­m Stand weiterzufü­hren“, heißt in der Gerichtsko­rresponden­z vom vergangene­n Mittwoch. „Die Verhandlun­g findet aus heutiger Sicht wie anberaumt statt.“

Weg zum EuGH nun offen

Zugleich hat der Richter einen Gutachter für Denkmalsch­utz und Ortspflege­schutz bestellt.

Und Anwalt List hat bei Gericht beantragt, das mutmaßlich fehlerhaft­e UVP-Gesetz Österreich­s dem Europäisch­en Gerichtsho­f zur Prüfung („Vorabentsc­heidung“)vorzulegen. Damit steigt die Spannung im Fall Heumarkt wieder.

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Prestigepr­ojekt von Investor Michael Tojner ist noch nicht in trockenen Tüchern
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Anwalt Wolfgang List ist Experte für Umweltrech­t und hat Kärntner HCB-Skandal aufgedeckt

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