Erste EVP-Abgeordnete wollen Orbán rauswerfen
EU-feindliche Plakataktion in Ungarn bringt Fass zum Überlaufen / Antrag auf FIDESZ-Ausschluss
Mit seiner jüngsten Plakatkampagne könnte Ungarns nationalkonservativer Premier Viktor Orbán den Bogen überspannt haben: Seit dieser Woche hängen im Land Fotomontagen, auf denen EU-Kommissionschef Juncker und der aus Ungarn stammende Milliardär Soros zu sehen sind. Die irreführende Botschaft der Plakatserie: Die beiden fördern die illegale Einwanderung nach Europa.
„Diese Attacke auf die EU und Kommissionspräsident Juncker hätte genauso gut von der französischen rechtsextremen Politikerin Marine Le Pe oder dem russischen Präsidenten Wladimir Putin kommen können“, ärgert sich Gunnar Hökmark. Der schwedische EU-Abgeordnete zog deshalb gestern zusammen mit einem weiteren schwedischen EU-EVPMandatar die Reißleine. Sie stellten einen Antrag auf Ausschluss der ungarischen Regierungspartei FIDESZ aus der Europäischen Volkspartei (EVP).
Die Chancen, dass der Antrag gültig wird, stehen nicht schlecht: Sieben der EVP angehörige Parteien aus fünf Staaten müssen dem Antrag zustimmen. Das, so ist in Brüssel zu hören, sei zu schaffen. Um Orbáns FIDESZ tatsächlich aus der EVP rauszuwer- fen, bedarf es einer Mehrheit aller EVP-Mitgliedsparteien.
„Inakzeptabel“sei diese Kampagne, sagte auch Kanzler Sebastian Kurz gestern. Von einer Forderung nach Ausschluss war allerdings nichts zu hören. Der ÖVPDelegationsleiter im EUParlament, Othmar Karas, hält einen Ausschluss für den falschen Weg, sondern fordert, die Mitgliedschaft der FIDESZ auszusetzen.
Orbáns Kurs, der zuletzt immer EU-feindlicher wurde, bringt vor allem den EVPSpitzenkandidaten für die EU-Wahl, Manfred Weber, in ein Dilemma. Weber kritisiert Ungarns rechtsnationalen Premier zwar scharf, lehnt aber dessen Rauswurf ab. Ein Kalkül dürfte dabei sein: Bei der EU-Wahl kann die EVP, die ohnehin starke Verluste einfahren wird, auf die 12 Abgeordnetensitze der FIDESZ nicht verzichten. Andererseits aber warnen EVP-Abgeordnete vor allem aus Westeuropa: Nimmt man Orbáns Provokationen weiter einfach hin, riskiert man noch viel mehr Wählerstimmen.