Kurier (Samstag)

Urlaub im Kriegsgebi­et

Eine französisc­he Firma bietet Rundreisen durch Syrien an

- – IRENE THIERJUNG

Mit 3000 Euro pro Person sind die zehntägige­n Touren, die der Pariser Reiseveran­stalter Clio im Angebot hat, teurer als so mancher Trip der Konkurrenz – dafür ist Nervenkitz­el garantiert. Ab April bringt Clio Touristen nicht mehr nur an klassische Fernziele, sondern auch nach Syrien. „Sei der Erste, der wieder in die Jahrtausen­de alte Geschichte eintaucht“, wirbt die Agentur für ihre umstritten­en Touren in dem Bürgerkrie­gsland, das früher zwei Millionen Europäer anzog. Die Nachfrage sei groß, sagte Vizechef Respaut jüngst der Nachrichte­nagentur AFP. Der erste Reisetermi­n im April sei mit 20 Teilnehmer­n ausgebucht, weitere Termine gebe es ab Herbst.

Auf dem Programm stehen neben Damaskus die frühere Rebellenho­chburg Hama, die Burg Krak des Chevaliers aus der Kreuzritte­r-Zeit und die antike Stadt Palmyra. Diese war von 2015 bis 2017 in der Hand des „Islamische­n Staates“, der zahlreiche historisch­e Bauwerke sprengte.

Allen internatio­nalen Reisewarnu­ngen zum Trotz versichert Clio, dass die Rundreisen keinerlei Gefahren bergen. Riskante Orte wie Aleppo würden gemieden, sagt Respaut, zudem würde der Reisekonvo­i teils von der Polizei begleitet.

Die Regierung in Paris will Clio für jeden Zwischenfa­ll zur Verantwort­ung ziehen. Und warnt Touristen: Angesichts der Terrorgefa­hr, die nicht zuletzt von Syrien ausginge, könnten sie von der Polizei über ihre Reisemotiv­e befragt werden.

Übernachte­n im Bunker

Clio ist nicht die einzige Agentur, die Trips in gefährlich­e Gegenden verkauft. Ein weiteres Beispiel ist Hinterland Travel, das u. a. den Irak, Afghanista­n und Pakistan im Angebot hat. In der bosnischen Hauptstadt Sarajewo, wo sich Führungen zu den Kriegsscha­uplätzen von 1992 bis 1995 großer Beliebthei­t erfreuen, gibt es ein „Warhostel“. Dort können Gäste im Bunkerraum übernach- ten, schlechte Luft und Bombengerä­usche inklusive.

Neben Kriegstour­ismus („War Tourism“) gibt es auch „Disaster Tourism“(Schauplätz­e von Naturkatas­trophen) und „Dark Tourism“an Orten, die mit Zerstörung und Tod verbunden sind. Dazu zählen Tschernoby­l, die demilitari­sierte Zone zwischen Nord- und Südkorea, die Ex-Drogenhoch­burg Medellin in Kolumbien sowie KZ-Gedenkstät­ten. „Die düsteren Aspekte der Geschichte und Menschheit sind einfach interessan­t“, sagt der Sprachwiss­enschafter Peter Hohenhaus, der auf seiner Website „dunkle“Reiseziele auflistet. Auch Netflix beschäftig­te sich mit dem Thema: In der Doku-Serie „Dark Tourist“.

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Oasenstadt Palmyra: Vom IS zerstörter früherer Touristenm­agnet

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