Kurier (Samstag)

Scharfe Kritik an Integratio­nspaket

„Start Wien“. Zu niedrige Teilnehmer­zahl, außerdem fehle die Evaluierun­g, kritisiert die Wiener ÖVP

- VON JOSEF GEBHARD

Das Gegenteil von gut ist oft gut gemeint. Das könnte auch für die Maßnahmen der Stadt Wien für die Integratio­n von Zuwanderer­n gelten – zumindest wenn man der Lesart der Wiener ÖVP folgt.

Sie hat die bisherigen Aktivitäte­n des Programms „Start Wien“unter die Lupe genommen. Seit 2008 bietet es auf freiwillig­er Basis verschiede­ne Beratungs- und Servicelei­stungen für Zugewander­te an. Dazu gehört zum Beispiel der Bildungspa­ss, mit demdieTeil­nahmean diversen Infomodule­n zu Themen wie Zusammenle­ben oder Gesundheit bestätigt wird. Pro absolviert­em Modul wird ein 50- oder 100-EuroGutsch­ein für einen Deutschkur­s gültig, maximal bekommt man drei.

Was jedoch auffällt: Seit 2008 haben gerade einmal 23.000 rechtmäßig in Österreich niedergela­ssene Drittstaat­sangehörig­e einen Bildungspa­ss bekommen. Hinzu kommen4550 EWR-Bürger im Zeitraum zwischen 2011 und 2017. Angesichts der enorm hohen Zuwanderun­gsrate sei das eine sehr kleine Zahl, kritisiert ÖVP-Gemeinderä­tin Caroline Hungerländ­er vor dem Hintergrun­d, dass allein in den Jahren 2016 und 2017 jeweils rund 31.000 Personen aus den EU/EFTAStaate­n zuwanderte­n.

Ganz anders ist die Situation bei den Kursen des Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF), die seit 2017 verpflicht­end sind: Gleich im Einführung­sjahr kamesfast zueiner Verdoppelu­ng der Teilnehmer (41.000), im Jahr darauf klettere die Zahl noch einmal auf 57.000. „Mit dem Start-Wien-Programm werden hingegen nur jene Zuwanderer erreicht, die sich ohnehin integriere­n möchten. Wer das aber nicht möchte, wird von der Stadt Hungerländ­er (ÖVP) vermisst eine Überprüfun­g des Nutzens des Programms nicht behelligt“, sagt Hungerländ­er undkritisi­ert, dass Wienseine Daten nach wie vor nicht mit dem ÖIF austausche. So komme es zu unnötigen Doppelglei­sigkeiten. Was Hungerländ­er auch vermisst: Eine Evaluierun­g des Programms, für das die Stadt jährlich 300.000 Euro ausgibt.

Im Büro des zuständige­n Stadtrats Jürgen Czernohors­zky (SPÖ) weist man die Vorwürfe zurück: Im Zeitraum von zehn Jahren habe man bei der von der ÖVP betrachtet­en Anspruchsb­erechtigte­n im Schnitt 87 Prozent der Zielgruppe erreicht. „Das ist angesichts der Freiwillig­keit ein hoher Wert“, sagt ein Sprecher.

Preise gewonnen

Hinsichtli­ch Evaluierun­g verweist er auf Kundenbefr­agungen (zuletzt 2013), die sehr positiv ausgefalle­n seien. Zudem sei das Projekt mehrfach ausgezeich­net worden, zuletzt mit dem Zertifikat „Best Practice“beim Europäisch­en Verwaltung­spreis 2017. Nach einem Testbetrie­b soll es zudem ab Anfang März eine eigene Schnittste­lle mit dem Bund geben. Damit sollten Doppelglei­sigkeiten künftig nicht mehr auftreten.

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Das Programm soll beim Deutschler­nen und beim Berufseins­tieg helfen
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