Scharfe Kritik an Integrationspaket
„Start Wien“. Zu niedrige Teilnehmerzahl, außerdem fehle die Evaluierung, kritisiert die Wiener ÖVP
Das Gegenteil von gut ist oft gut gemeint. Das könnte auch für die Maßnahmen der Stadt Wien für die Integration von Zuwanderern gelten – zumindest wenn man der Lesart der Wiener ÖVP folgt.
Sie hat die bisherigen Aktivitäten des Programms „Start Wien“unter die Lupe genommen. Seit 2008 bietet es auf freiwilliger Basis verschiedene Beratungs- und Serviceleistungen für Zugewanderte an. Dazu gehört zum Beispiel der Bildungspass, mit demdieTeilnahmean diversen Infomodulen zu Themen wie Zusammenleben oder Gesundheit bestätigt wird. Pro absolviertem Modul wird ein 50- oder 100-EuroGutschein für einen Deutschkurs gültig, maximal bekommt man drei.
Was jedoch auffällt: Seit 2008 haben gerade einmal 23.000 rechtmäßig in Österreich niedergelassene Drittstaatsangehörige einen Bildungspass bekommen. Hinzu kommen4550 EWR-Bürger im Zeitraum zwischen 2011 und 2017. Angesichts der enorm hohen Zuwanderungsrate sei das eine sehr kleine Zahl, kritisiert ÖVP-Gemeinderätin Caroline Hungerländer vor dem Hintergrund, dass allein in den Jahren 2016 und 2017 jeweils rund 31.000 Personen aus den EU/EFTAStaaten zuwanderten.
Ganz anders ist die Situation bei den Kursen des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), die seit 2017 verpflichtend sind: Gleich im Einführungsjahr kamesfast zueiner Verdoppelung der Teilnehmer (41.000), im Jahr darauf klettere die Zahl noch einmal auf 57.000. „Mit dem Start-Wien-Programm werden hingegen nur jene Zuwanderer erreicht, die sich ohnehin integrieren möchten. Wer das aber nicht möchte, wird von der Stadt Hungerländer (ÖVP) vermisst eine Überprüfung des Nutzens des Programms nicht behelligt“, sagt Hungerländer undkritisiert, dass Wienseine Daten nach wie vor nicht mit dem ÖIF austausche. So komme es zu unnötigen Doppelgleisigkeiten. Was Hungerländer auch vermisst: Eine Evaluierung des Programms, für das die Stadt jährlich 300.000 Euro ausgibt.
Im Büro des zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohorszky (SPÖ) weist man die Vorwürfe zurück: Im Zeitraum von zehn Jahren habe man bei der von der ÖVP betrachteten Anspruchsberechtigten im Schnitt 87 Prozent der Zielgruppe erreicht. „Das ist angesichts der Freiwilligkeit ein hoher Wert“, sagt ein Sprecher.
Preise gewonnen
Hinsichtlich Evaluierung verweist er auf Kundenbefragungen (zuletzt 2013), die sehr positiv ausgefallen seien. Zudem sei das Projekt mehrfach ausgezeichnet worden, zuletzt mit dem Zertifikat „Best Practice“beim Europäischen Verwaltungspreis 2017. Nach einem Testbetrieb soll es zudem ab Anfang März eine eigene Schnittstelle mit dem Bund geben. Damit sollten Doppelgleisigkeiten künftig nicht mehr auftreten.