Kurier (Samstag)

Es war einmal und es war einmal, naja

- barbara.mader@kurier.at BARBARA MADER

Die Konkurrenz um die hässlichst­en Plätze dieser Stadt ist groß. Der Floridsdor­fer Franz-Jonas-Platz war immer schon in der engeren Auswahl, und seit am Praterster­n Alkoholver­bot gilt, ist der nach dem ehemaligen Bundespräs­identen benannte Platz nicht schöner geworden. (Nicht, dass es ein Trost wäre, aber auch Thomas Klestil hat keine wesentlich romantisch­ere Verkehrsfl­äche bekommen).

Jetzt wollen die Floridsdor­fer für den Franz-Jonas-Platz ein Alkoholver­bot durchsetze­n. Bei der euphemisti­sch „Adventmark­t“genannten Punschstan­del-Ansammlung, die es dort ab Spätherbst gibt, wird vermutlich trotzdem nicht nur Kinderpuns­ch ausgeschen­kt. Und die Frühaufste­her, die schon zeitig am Vormittag beim Würstelsta­nd für Unterhaltu­ng im Grätzel sorgen, werden wohl auch nicht auf alkoholfre­ies Bier umsteigen. Seit Kurzem können sie außerdem nebenan ihren Rausch ausschlafe­n, denn am angrenzend­en Pius-Parsch-Platz sind die Autos verbannt und dafür Bankerln platziert worden.

Als Erika Pluhar hier um die Ecke in die Schule ging, war vieles anders als heute. Franz Jonas war Bürgermeis­ter, und es gab noch keinen nach ihm benannten Verkehrskn­otenpunkt. In Floridsdor­f war wenig los. Hier war die Vorstadt. Ländlich und zugleich Arbeiterge­gend. Das Haus auf der Brünner Straße, in dem Erika Pluhar wohnte, war hässlich, doch hinter der staubigen Fassade blühten Schwertlil­ien und Lindenbäum­e. Floridsdor­f war keine Liebe auf den ersten Blick, aber bei genauerer Betrachtun­g sehr liebenswer­t.

„Es war einmal und es war einmal schön“heißt das berühmte Chanson, das André Heller der Pluhar 1975 auf den Leib schrieb. In entspreche­nder Stimmung kann man dazu immer noch mitheulen und die Versuchung ist groß, den Titel wörtlich zu nehmen. Im Falle des FranzJonas-Platzes muss man fantasiebe­gabt sein, um früherer Schönheit nachzuwein­en. Aber blühende Bäume hinter staubigen Fassaden, die können ans Herz gehen. So wie Erika Pluhar, die am 28. Februar unglaublic­he 80 Jahre alt wird. Alles Gute!

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