Ein Jahr ohne Auto, Müll und Süßes: Und jetzt Zuckerbäckerin
Dorothea Kocsis setzt Zeichen gegen den Klimawandel und startet mit 54 Jahren neue Karriere.
Wie schafft man es, ein Jahr lang ohne Auto am Land, ohne Restmüll und ohne weißen, raffinierten Zucker auszukommen? Für die meisten hört sich das wohl unvorstellbar an.
Nicht so für Dorothea Kocsis. „Ich war schon immer eine Querdenkerin“, sagt die 54-jährige gebürtige Oberösterreicherin. Gegen den Strom wolle sie schwimmen, auch wenn es unbequem sei. Dass sie dabei nicht untergeht, das hat die Wahlburgenländerin – sie lebt mit ihrer Familie in Unterpullendorf – öfters bewiesen.
In einem nicht von öffentlichen Verkehrsmitteln hochfrequentierten Gebiet im Mittelburgenland und mit drei Kindern hat Kocsis unter anderem das Projekt „ein Jahr lang ohne Auto gewagt“– aus Protest gegen den Klimawandel. „Es war schon ein Abenteuer mit drei Kindern und samt Kinderwagen per Bus in die Musikschule zu fahren.“Durchgezogen hat sie auch ihr Vorhaben, kaum Müll zu produzieren. Dass sie Selbstversorgerin für ihre fünfköpfige Familie ist, habe ihr da geholfen. „Das Gemüse habe ich im Garten, Fleisch und Eier kommen von unseren Ziegen und Hühnern.“
Vor Kurzem hat sie ihr neues Ziel erreicht: Kocsis darf sich nun auch Zuckerbäckermeisterin nennen. Sie hat zwei Hochschulstudien absolviert und Musik und Ge- schichte an der AHS unterrichtet. Vor drei Jahren habe sie sich dann entschlossen, etwas „ganz anderes zu machen“.
Ein Kindheitstraum
„Ich habe jetzt meinen Kindheitstraum verwirklicht.“Im Alter von 51 Jahren wollte sie das Handwerk des Zuckerbäckers professionell erlernen – „und zwar von der Pike auf“. Als Quereinsteigerin musste sie mehrmals pro Woche nach Graz in die Berufsschule pendeln. „Der Wermutstropfen war, dass ich 25.000 Kilometer mit dem Auto abspulen musste. Öffentlich wäre das nicht möglich gewesen.“Doch jetzt sei auch diese Hürde geschafft und Kocsis hat wieder ihr Jahresticket der ÖBB in der Tasche.
Auch ihr Mann Andreas, er arbeitet als Cellist in der Wiener Volksoper, verzichte so oft als möglich auf das Auto. „Er fährt mit dem Fahrrad zum Bahnhof und abends zurück.“Und wenn es schneit oder regnet? „Auch dann.“
So leicht lasse man sich eben nicht unterkriegen. Deswegen startet sie mit „Dorli’s Backstube“durch. Ihr nächstes Projekt: Backwaren mit natürlicher Süße herstellen.