Chris Haring und Liquid Loft: Die Körper-Sprache beim Wort genommen
Der österreichische Choreograf Chris Haring zählt zu den Trendsettern der internationalen Tanzszene. Die Erwartungshaltung an neue Stücke, die er mit dem spartenübergreifenden Performerkollektiv Liquid Loft gemeinsam kreiert, ist dementsprechend groß.
So auch bei der Uraufführung von „Models of Reality“im Tanzquartier Wien. Haring hat das Ineinanderfließen von Tanz, Musik, Sprache und verschiedenen Ebenen der Visualisierung nahezu perfektioniert. Diesmal findet die Choreografie in einem zwar durchaus raffinierten, aber mit blauen Lichtröhren und ziemlich dunkler Grundstimmung auffallend schlichten Bühnenraum statt (Licht und Szenografie: Thomas Jelinek). Acht Tänzerinnen und Tänzer suchen das Betasten, Begreifen der Körper als Ausgangspunkt für eine fein gearbeitete Choreografie, in der der Mitmensch erst die Definition der eigenen Per- sönlichkeit, des eigenen Körpers ermöglicht. Damit wird auch die Basis für das Ergründen fremder Räume gelegt.
Haring erinnert an die vor 100 Jahren gegründete Bauhaus-Schule, in der die Form der Funktion zu folgen habe. Das vermittelt er mindestens so konsequent wie Oskar Schlemmer als führender Choreograf des BauhausStils, bei dem die opulenten Kostüme dem Tanz im Weg zu stehen schienen.
Der Widerspruch, den die ästhetischen Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer zum Diktat eines Zwangs der Funktion entwickeln, ist reizvoll.