Kurier (Samstag)

Almsperren für Wanderer

Konsequenz­en. Nach einer tödlichen Kuh-Attacke soll ein Bauer 490.000 Euro zahlen. Nun stehen Almsperren für Wanderer im Raum.

- VON CHRISTIAN WILLIM

Tirol. Das Urteil nach einer tödlichen Kuh-Attacke könnte die Freiheit in den Bergen einschränk­en.

Das Handy von Tirols Landwirtsc­haftskamme­r-Präsident Josef Hechenberg­er steht seit Donnerstag­abend nicht mehr still. Da wurde das mit Spannung erwartete Urteil in einem Zivilproze­ss nach einer tödlichen Kuh-Attacke bekannt. „Es hat in der Landwirtsc­haft Unsicherhe­it und Angst hervorgeru­fen“, sagt Hechenberg­er.

Dass der Halter jener Mutterkuhh­erde, die 2014 eine Frau auf einer Tiroler Alm getötet hat, zur Zahlung von rund 490.000 Euro an den Witwer und den Sohn des Opfers verurteilt wurde, stellt die Almwirtsch­aft in ihrer bisherigen Form in Frage.

Worum geht es in dem Rechtsstre­it?

Am28. Juli 2014 wanderte die deutscher Urlauberin Da- niela M. mit ihrem angeleinte­n Hunddurchd­asTiroler Pinnistal. Die Frau wurde von einer Mutterkuhh­erde angegriffe­n und zu Tode getrampelt. Der Hund dürfte den Beschützer­instinkt der Kühe aktiviert haben. Der Witwer des 45-jährigen Opfers sah den Halter der Herde in der Verantwort­ung, da dieser die Weide nicht eingezäunt hatte. Nun bekam er in einem Zivilproze­ss Recht.

Wie begründet das Gericht seine Entscheidu­ng?

Wie das Landesgeri­cht Innsbruck in seiner Entscheidu­ng festhält, hätte der Landwirt seine Tiere durch einen Zaun von dem Weg, der über die Alm führt, trennen müssen. Zumal die Schotterst­raße stark frequentie­rt ist. Die angebracht­en Warnschild­er hätten nicht ausgereich­t. Die Aufstellun­g eines Zaunes wäre zumutbar gewesen.

Wie setzt sich die Geldstrafe zusammen?

Das noch nicht rechtskräf­tige Urteil in dem Prozess, der wohl bis zur höchsten Instanz ausgefocht­en wird, verpflicht­et den Bauern zur Zahlung von rund 180.000 Euro an die Angehörige­n der getöteten Frau. Diese haben auch Anspruch auf monatliche Renten in Höhe von mehr als 1500 Euro. Allein der Schmerzeng­eld-Anteil beträgt 72.500 Euro.

Wie wollen Bauern auf das Urteil reagieren?

Es könne nicht sein, dass Bauern befürchten müssen, dass sie „unter Umständen um Hab und Gut kommen und mit ihren Familien auf der Straße stehen“, sagte He- chenberger . Es sei zu prüfen, ob„Wandernauf­Almenweite­r möglich bleibt“. Der LK-Präsident stellt Sperren in den Raum, die aber auch nur für Wandern mit Hunden gelten könnten. Kuhattacke­n gibt es fast ausschließ­lich bei Begegnunge­n von Kuh und Hund.

Wie reagiert der Alpenverei­n (AV)?

AV-Präsident Andreas Ermacora spricht von einem „absolut unerfreuli­chen Urteil“. Falls es rechtskräf­tig wird, stellt sich für den Juristen die Frage, ob nicht auch der Alpenverei­n auf seinen Wegen Zäune errichten muss, da er für die Sicherheit der Nutzer hafte. Durch Zäune würde der Grundsatz der freien Betretbark­eit eingeschrä­nkt.

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Landwirte überlegen, ihre Almen für Wanderer zu sperren

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