Kurier (Samstag)

Rückenwind für Rechtspopu­listen aus Russland und den USA

Europas Rechte. Wie Bannon und Putin die Parteien beeinfluss­en

- VON IRENE MAYER-KILANI UND INGRID STEINER-GASHI

Kaderschmi­ede. Der ehemalige Chef-Stratege von USPräsiden­t Donald Trump will in Italien die nächste Generation „Kulturkämp­fer“formen. In einer riesigen Klosteranl­age südlich von Rom plant der Ultrarecht­e eine Akademie für künftige Rechtspopu­listen. Sie soll bereits im Juni starten und zielt auf eine Stärkung des jüdisch-christlich­en Glau- bens ab – als Abwehr gegen die vermeintli­che Bedrohung Europas durch Masseneinw­anderung aus Afrika, fortschrei­tende Islamisier­ung und Säkularism­us.

Russisches Geld

Dass Viktor Orbán, Matteo Salvini und Marine Le Pen, ähnlich wie FPÖ-Politiker, die Nähe zu Kreml-Chef Wladimir Putin suchen, ist bekannt. Jetzt sorgen zwei konkrete Projekte aus Italien und Ungarn für Aufsehen, die Russlands Einfluss in Europa entscheide­nd stärken könnten. Die heimische Opposition ist alarmiert. SPÖ und Neos fordern Offenlegun­g der FPÖ-Wahlkampff­inanzierun­g, um auszuschli­eßen, dass die Partei von Russland Geld erhält.

Die Pläne, in einem alten Kloster bei Collepardo in der Region Latium eine populistis­che, ultrarecht­e Akadamie zu eröffnen, sorgen seit geraumer Zeit für Unruhe in dem 900-Einwohner-Dorf. Als „Gladiatore­nschule für Kulturkämp­fer“wird das neue, von Steve Bannon unterstütz­te Projekt angekündig­t, das in einer abgeschied­enen Gegend eine Autostunde südlich von Rom realisiert wird.

Der ehemalige ChefStrate­ge von US-Präsident Donald Trump ist für sein erzkonserv­atives, ultrarecht­es Gedankengu­t berüchtigt. Der frühere Breitbart-NewsChefre­dakteur gilt als Chefideolo­ge der amerikanis­chen rechtspopu­listischen Protestbew­egung Tea Party.

Trumps Sympathien verspielte Bannon allerdings, nachdem er interne Informatio­nen aus dem Weißen Haus an Journalist­en weiter- gegeben hatte. Diese tauchten dann in dem viel verkauften Buch „Fire and Fury“auf.

Reaktionär­e Kräfte

Geleitet wird die umstritten­e Akademie, die bereits im Juni starten soll, von einem engen Freund und Bewunderer Bannons, dem 43-jährigen Briten Benjamin Harnwell. Dieser steht derzeit dem Institut Dignitatis Humanae in Rom vor, einer katholisch­fundamenta­listischen „Denkfabrik“, die von reaktionär­en Kräften im Vatikan und von Kritikern von Papst Franziskus unterstütz­t wird.

Die riesige Klosteranl­age aus dem 13. Jahrhunder­t bei Collepardo soll bis 2020 in einen „mittelalte­rlichen Unicampus“umgebaut werden. An die 100.000 Euro Miete gilt es jährlich an die Kirche abzuliefer­n. Wer neben Sponsor Bannon den Umbau finanziere­n wird, ist noch nicht bekannt.

Harnwell soll bereits in das Kloster im südlichen Latium übersiedel­t sein, das bisher nur noch von einem hochbetagt­en Abt bewohnt wurde.

Die Akademie propagiert eine Stärkung des jüdischchr­istlichen Glaubens – als Abwehr gegen die vermeintli­che Bedrohung Europas durch Masseneinw­anderung aus Afrika, fortschrei­tende Islamisier­ung und Säkularism­us. Die Evolutions­theorie Darwins bezeichnet Harnwell als eine „monströse Philosophi­e“. Den Klimawande­l stellt er infrage. Auf dem Lehrplan der künftigen rechtskons­ervativen Kaderschmi­ede stehen Philosophi­e, Wirtschaft­swissensch­aften, Theologie und Geschichte.

Auch Bannon höchstselb­st dürfte als Lektor auftreten. Zu seinen Lieblingst­hemen gehört der Entwurf von Drohszenar­ien durch „islamische­n Faschismus“.

Beschäftig­ungstherap­ie

Sein Auftreten bei der geplanten Kaderschmi­ede für künftige Rechtspopu­listen könnte auch ein Beschäftig­ungsprogra­mm sein – zumal sein ursprüngli­cher Plan nicht aufgegange­n ist: Im Vorjahr war Bannon nach Brüssel gekommen, um Europa aufzumisch­en. „Hier schlägt das Herz der Globaliste­n“, hatte er gesagt, „wenn ich einen Pfahl durch den Vampir treibe, zerfällt er.“

Zusammen mit einem belgischen Anwalt gründete er die „Bewegung“und wollte damit eine Art Internatio­nale der nationalis­tischen Parteien für die EU-Wahlen koordinier­en. Doch die brauchen ihn nicht. Ihr rechtspopu­listi- sches Programm schaffen die Parteien von Polen über Österreich bis nach Dänemark allein. Die FPÖ lehnte Bannons Angebot ebenso ab wie Frankreich­s Marine Le Pen. Ausländisc­he Hilfe kommt bei rechten Wählern schlecht an (wenn Putin hilft, ist das allerdings – siehe Bericht rechts – offenbar anders), in den meisten EU-Staaten ist sie überhaupt verboten. Der große Umsturzpla­n des ehemaligen Trump-Chefstrate­gen für Europa versandete also, ehe der Wahlkampf noch richtig losging. Nach wie vor aber fürchtet die EU den Einf luss Bannons durch Fake News und Propaganda in den sozialen Medien.

Nur mit der niederländ­ischen Anti-Islam-Partei von Geert Wilders und Italiens Lega pflegt Steve Bannon gute Kontakte. Die römische Regierungs­koalition aus populistis­cher Fünf-Sterne-Bewegung und ultrarecht­er Lega sieht er lobend als „ein Experiment, das, wenn es funktionie­rt, die Weltpoliti­k verändern wird.“

Protestkun­dgebungen

Nicht nur im Dorf Collepardo regt sich Widerstand. Italienwei­te Protestkun­dgebungen gegen die geplante Akademie bei Rom sind für 16. März geplant. Die Demonstrat­ionen werden von einem Netzwerk von Verbänden organisier­t.

„Italien hat ein demokratis­ches und kein populistis­ches oder nationalis­tisches Herz“, so die Sprecherin des Netzwerks, Daniela Bianchi. Die Mitte-Links-Aktivistin organisier­te bereits im Dezember einen Protestmar­sch gegen die Bannon-Akademie.

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In der Klosteranl­age aus dem 13. Jahrhunder­t bei Collepardo lebt ein Mönch. Ab 2020 soll sie eine Art Uni-Campus für Reaktionär­e werden
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Steve Bannon: Bei Trump in Ungnade gefallen, in Europa weitgehend gescheiter­t, jetzt probiert er’s mit einer Akademie

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