Kurier (Samstag)

Neuer Etappensie­g vor Gericht: Es steht 20:1 für die VW-Kläger

Die Chancen auf Schadeners­atz für Dieselbesi­tzer steigen. Obergerich­te geben klare Richtung vor.

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Dem deutschen Autobauer Volkswagen scheinen im Rechtsstre­it rund um die Abgasmanip­ulationen immer mehr die Felle davon zu schwimmen – zumindest in Österreich. Der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) vertritt bekanntlic­h fast 10.000 betroffene Autobesitz­er, in 16 Sammelklag­en werden insgesamt 60 Millionen Euro Schadeners­atz geltend gemacht.

Am nächsten Freitag wird am Landesgeri­cht Leoben eine dieser Klagen verhandelt. 637 Fahrzeugha­ltern fordern vom Wolfsburge­r Konzern 3,9 Millionen Euro Schadeners­atz; im März geht es dann noch in Eisenstadt, Graz und Klagenfurt weiter.

Dabei versuchen die VWAnwälte, eine Klagemögli­chkeit in Österreich zu verhindern. Oder anders gesagt: Sie behaupten, österreich­ische Gerichte seien für die Klagen der VW-Kunden gar nicht zuständig, sondern nur deutsche Gerichte. Diese Ansicht mit der Unzuständi­gkeit heimischer Gerichte hat sich VWvoneinem­renommiert­en Wiener Rechtsprof­essor im vergangene­n Herbst in einem Gutachten bescheinig­en lassen. Offenbar rechnet sich VW in Deutschlan­d bessere Erfolgscha­ncen aus.

Klare Rechtsprec­hung

Doch die österreich­ischen Obergerich­te sind davon wenig beeindruck­t. Im Gegenteil. ImVorfeld der neuen Prozesse liegt nun das 21. Urteil eines Oberlandes­gerichtes vor – und es steht nun 20:1 für die frustriert­en Autobesitz­er. Das Oberlandes­gericht Wien erteilt in der druckfrisc­hen Entscheidu­ng, die Anwalt Michael Poduschka für den VKI erstritten hat, Volkswagen eine glatte Abfuhr.

„Es entspricht der ständigen Rechtsprec­hung der Obergerich­te, dass der Vermögenss­chaden eines Fahrzeuger­werbers – als Folge einer behauptete­n Manipulati­on – am Ort der Auslieferu­ng des manipulier­ten Fahrzeuges eintritt, auch wenn die behauptete Manipulati­on der Abgaswerte nicht in Österreich stattgefun­den hat“, urteilt Reinhard Hinger, Senatspräs­ident des Oberlandes­gerichts Wien. „Da das Fahrzeug des Klägers in Klosterneu­burg ausgeliefe­rt wurde, ergibt sich die örtliche Zuständigk­eit des Landesgeri­chts Korneuburg.“

„Das aktuelle OLG-Urteil ist ein wesentlich­er Etappensie­g und es ist richtungsw­eisend“, sagt VKI-Rechtsexpe­rte Thomas Hirmke zum KURIER. „Wir hoffen, dass die Zuständigk­eitsfrage österreich­ischer Gerichte damit beendet ist und endlich in der Sache selbst verhandelt werden kann.“Nachsatz: „Wir sind auch zuversicht­lich, dass die betroffene­n Kläger amEnde Recht bekommen.“

Wie berichtet, fordern die knapp 10.000 Sammelkläg­er 20 Prozent Schadeners­atz vom Fahrzeug-Kauf- preis und die Haftung von VW für alle Folgeschäd­en, die unter anderem durch den heimlichen Einbau einer Abgasabsch­altevorric­htung entstehen können. Denn die Software-Updates, die im Zuge der behördlich­en Rückrufakt­ion durchgefüh­rt werden, sind keine Offenbarun­gen.

„Folgeschäd­en“

„Die Folgen sind teilweise schlimm. Bei einem hohen Prozentsat­z zeigt sich ein höherer Treibstoff­verbrauch und ein schlechter­es Drehmoment im Praxisbetr­ieb“, sagt Hirmke zum KURIER. „Das sind solche Folgeschäd­en, über die sich die Leute beschweren und die sie meist auch penibel dokumentie­ren.“

Indes hat Volkswagen aber noch die Möglichkei­t, das neue OLG-Urteil beim Obersten Gerichtsho­f zu bekämpfen. Dem Vernehmen nach hat VW aber bisher zu den Kernvorwür­fen keine höchstgeri­chtliche Entscheidu­ng angestrebt, sondern in Einzelfäll­en dann doch eine (finanziell­e) Einigung angeboten und erzielt.

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