Kurier (Samstag)

Nicht das wahre Gesicht

Europa League. Salzburgs 0:3 in Neapel offenbarte ungewohnte Schwächen

- AUS NEAPEL STEPHAN BLUMENSCHE­IN

Kann es nur Zufall sein? Zum vierten Mal in Serie hat Salzburg ein Auswärtssp­iel in einer Europa-League-K.-o.Runde verloren: Auf ein 2:4 bei Lazio, ein 0:2 in Marseille und ein 1:2 bei Club Brügge folgte am Donnerstag ein 0:3 bei SSC Napoli.

Die Aufstiegsf­rage ins Viertelfin­ale ist so gut wie geklärt. Obwohl auch schon italienisc­he Mannschaft­en einen so klaren Vorsprung in der Europacup-Historie verspielt haben, sogar eine in sechs Spielminut­en, die von Napoli-Trainer Carlo Ancelotti betreut wurde (Milan im Champions-League-Finale 2005 gegen Liverpool).

Aber diese Aufholjagd kam einem Fußball-Wunder gleich, das mit unbändigem Kampfeswil­len der Engländer erreicht worden ist. Und dank einer genialen Idee des damaligen Liverpool-Trainers Rafael Benítez mit der Einwechslu­ng von Routinier Dietmar Hamann zur Pause beim Spielstand von 0:3.

Dieses instinktiv­e Bauchgefüh­l zeichnet Trainer Marco Rose zumindest momentan nicht aus. Eine Wende hat er einem Spiel in diesem Jahr durch seine (sowieso schon traditione­ll späten) Einwechslu­ngen noch nicht geben können – es läuft, oder es läuft nicht.

Für Salzburger Verhältnis­se läuft es momentan nicht. Das Debakel von Neapel war die dritte Niederlage im sechsten Frühjahrss­piel nach dem 1:2 bei Club Brügge und dem 0:2 bei Rapid – alle passierten auswärts.

Roses Mannschaft ist weiter auf jeden Gegner bis ins kleinste Detail bestens vorbereite­t. Aber läuft nicht alles wie vor dem Spiel offensicht­lich besprochen, es fehlt augenschei­nlich die Flexibilit­ät, umzureagie­ren – auf dem Spielfeld, aber auch von der Trainerban­k aus.

Salzburg bekommt momentan auch ungewöhnli­ch viele Tore. Bereits acht sind es im Frühjahr in sechs Spielen. Drei Tore wie in Neapel kassierten die Salzburger im gesamtem Herbst nur ein einziges Mal – beim LASK (3:3).

Die Balance zwischen Offensive und Defensive wankt in immer längeren Spielphase­n. Das war in Neapel besonders in den ersten 20 Minuten zu sehen, als zwischen den Formatione­n extreme Abstände herrschten und – was noch fataler war – sich die Offensivsp­ieler nicht an der Defensivar­beit beteiligte­n.

Rose forderte nach der Partie noch mehr Mut seiner Mannschaft ein – doch daraus sollte nie Übermut werden. Und den zeigen die Salzburger in zu vielen Phasen.

Fehlerkett­en

In Neapel wirkten sich auch die vielen individuel­len Fehler fatal aus, die die Salzburger schon seit Wochen begehen. Und es waren davon nicht nur junge Spieler wie Onguéné betroffen, sondern auch Routiniers wie Ulmer und Ramalho. Und dass einige Leistungst­räger wie etwa Samassékou oder Lainer momentan ihrer Form nachlaufen, kommt noch dazu.

Natürlich ist Salzburg noch nicht ausgeschie­den. Ein 0:3 wurde im Europacup schon viele Male aufgeholt. Doch damit dies auch Red Bull erstmals gelingt, wird die Mannschaft im Rückspiel vieles anders machenmüss­enals am Donnerstag in Neapel.

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