Flugdaten führten zu Mafia-Mörder
Fluggastdaten-Zentralstelle. Büro des Bundeskriminalamtes lieferte auch Hinweis zu Renoir-Diebstahl
Österreich. Das Bundeskriminalamt sammelt die Daten von Millionen Flugpassagieren. Damit sollen organisierte Kriminalität und Terrorismus bekämpft werden.
Der Mörder vom Wiener Lugeck – er saß mit seinen späteren Opfern (eines starb, eines überlebte schwer verletzt) im selben Flieger nach Wien. Zwei Tage vor den tödlichen Schüssen im Dezember. Die Fahndung nach dem namentlich bekannten Mafia-Verdächtigen läuft.
Der Diebstahl eines Renoir-Gemäldes aus dem Wiener Auktionshaus Dorotheum – einer der drei Täter wurde nach Abgleich der Flugdaten in Amsterdamfestgenommen.
Ein vereitelter Anschlag mit Senfgas – fünf Flugbewegungen mit Bezug zu Österreich soll es in dieser Sache gegeben haben. Wo der Anschlag geplant gewesen sein soll, bleibt geheim – es handelt sich um einen Verschlussakt des BVT.
Was diese drei spektakulären Kriminalfälle gemeinsamhaben, sind drei Buchstaben: PIU – eine Abkürzung für Passenger Information Unit. In Österreich betreut das Bundeskriminalamt die Fluggastdaten-Zentralstelle mit 21 Mitarbeitern. Die Daten von Flugreisenden werden hier zwei Mal erfasst. Das erste mal 24 Stunden vor Abflug, das zweite Mal, sobald das Boarding erledigt ist. Dann liefert die Fluglinie Namen, Reiserouten, Sitzplätze und Zahlungsarten der Passagiere. Die Fluggastdaten werden vor der Ankunft oder vor dem Abflug mit diversen Fahndungsevidenzen abgeglichen.
Hendldieb
„Wir verwenden diese Daten nur zur Verhütung und Aufdeckung von terroristischen Aktivitäten und schwerer Kriminalität“, sagt Büroleiter Siegfried Grill. „Der kleine Hendldieb interessiert uns nicht, wir wollen die schweren Jungs.“Die Daten werden für einen Zeitraum von fünf Jahren gespeichert. Nach sechs Monaten werden sie allerdings so depersonalisiert, dass die Identität der Person nicht mehr unmittelbar festgestellt werden kann.
Datenaustausch
Die Daten werden mit Sicherheitsbehörden in Österreich ausgetauscht – darunter Zollbehörden und die Landesverteidigung. Andere EU-Mitgliedsstaaten bekommen nur dann Auskunft, wenn sie ein begründetes Ersuchen stellen, wird betont. „Wir haben Ansuchen auch schon abgelehnt. Und der US-Heimatschutz bekommt von uns sicher keine Daten“, betont der Büroleiter. Datenschutz stehe an oberster Stelle. Nur die 21 Mitarbeiter der Abteilung hätten Zugriff.
Gearbeitet wird sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag. „Bei einem Treffer müssen die Daten schließlich unmittelbar übermittelt werden.“
Schon im April 2016 wurde von der EU der Beschluss gefasst, dass Fluggastdaten zur Gefahrenabwehr gespeichert werden müssen. Seit Mai 2018 ist auch Österreich verpflichtet, die Richtlinie umzusetzen.
Die EU finanziert einen großen Teil der Umsetzung – nämlich bis zu 1,3 Millionen Euro. Zehn Prozent der Förderung zahlt der Bund. Noch befindet sich die Fluggast- datenzentralstelle im Probebetrieb. Bisher liefert auch lediglich eine Fluglinie die geforderten Daten an – nämlich die AUA. „Damit decken wir allerdings mehr als 50 Prozent der Flüge ab. Insgesamt müssen 86 Fluglinien angebunden werden – das ist Knochenarbeit“, schildert Grill.
Doch für die Fluglinien führt auf längere Sicht kein Weg daran vorbei. Leiten sie die Daten nicht weiter, drohen massive Geldstrafen.