Kurier (Samstag)

Europa schlägt härtere Töne an

Kurz: „Leider spricht EU nicht immer mit einer Stimme“

- – INGRID STEINER-GASHI, BRÜSSEL

Großer Bahnhof für Chinas Staatschef in Rom: Während Xi Jingping am Freitag von der italienisc­hen Staatsführ­ung hofiert wurde, brüteten die 28 europäisch­e Staatsund Regierungs­chefs in Brüssel beim EU-Gipfel über der Frage: Wie wird sich die EU künftig gegenüber der aufgestieg­enen Weltmacht positionie­ren? Denn nach jahrelange­n Appellen an geschäftli­che Fairness, nach fruchtlose­m Hoffen auf liberalere­m Marktzugan­g für europäisch­e Firmen in China zieht man in Brüssel den Schluss: Die EU braucht gegenüber China eine Strategie.

Das zur zweitgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt gewachsene „Reich der Mitte“ist Europa nicht mehr nur Partner und Konkurrent. Vielmehr sei China nun ein „systemisch­er Rivale“, heißt es im Zehn-Punkte-Plan der EU-Kommission. „China ist keine Marktwirts­chaft und wird keine Marktwirts­chaft werden“, gibt der Generalsek­retär des EU-Industriev­erbandes BusinessEu­rope, Markus Beyrer, im KURIERGesp­räch zu bedenken.

Im Strategiep­apier der Kommission, über das gestern beim EU-Gipfel diskutiert wurde, schlägt die EU gegenüber China ganz neue Töne an. Zusammenar­beit – ja; aber die Regeln dafür müssen schärfer werden.

So soll vor allem gegen die Verzerrung des Wettbewerb­s vorgegange­nen werden: Chinas Konzerne genießen durch staatliche Beteiligun­gen und Subvention­en massive Vorteile gegenüber europäisch­en Konkurrent­en. Zudem wurde in Brüssel darüber diskutiert, ob die EU ihren eigenen Markt gegenüber Ländern wie China abschotten soll, die ihrerseits ihren Markt nicht öffnen: Bei öffentlich­en Ausschreib­ungen dürfen chinesisch­e Unternehme­n in Europa mitbieten. Sie dürfen Kraftwerke, Flughäfen, Brücken bauen. Andersheru­m ist das fast unmöglich. Das soll nun nach Wunsch der EU grundlegen­d anders werden.

Schlüsselt­echnologie­n

Gebremst werden soll auch die chinesisch­e Einkaufsto­ur bei Schlüsselt­echnologie­n und kritischer Infrastruk­tur in Europa. Und nur mit einer gemeinsame­n Linie, so die Botschaft der Kommission an die EU-Staaten, werde die EU stark genug sein, sich gegenüber der Großmacht China durchzuset­zen. „Es ist leider nicht immer erfolgreic­h möglich, dass die Europäisch­e Union gegenüber China mit einer Stimme spricht“, musste gestern auch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz nach der Diskussion mit den anderen EU-Staats- und Regierungs­chefs eingestehe­n. Dabei sei es so wichtig, „dass es China nicht gelingt, uns zu spalten. Wir müssen wissen, was wir wollen.“Er erwarte sich von China jedenfalls, schilderte der Kanzler weiter: stärkere Öffnung des Marktes, fairen Wettbewerb, fairen Freihandel und den Schutz von geistigem Eigentum.

Neue Seidenstra­ße

Für einen Riss in der angepeilte­n geschlosse­nen Linie der Europäer sorgte indessen Italien. Regierungs­vertreter unterschre­iben heute in Rom eine Absichtser­klärung, mit der sie Pekings umstritten­es Megaprojek­t der „Neuen Seidenstra­ße“formell Unterstütz­ung zusagen. Das hat Signalwirk­ung: Italien ist die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der Eurozone. Die Annäherung zwischen Rom und Peking wird in Westeuropa skeptisch gesehen. Österreich werde solch ein Memorandum mit China jedenfalls nicht unterschre­iben, bestätigte Kurz.

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Chinas Wirtschaft wächst

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