Kurier (Samstag)

Das wissen sogar die in House of Cards

- barbara.mader@kurier.at

Kaum ist man einmal ein paar Tage nicht da, gerät diese Stadt aus den Fugen. Während das Redaktions­komitee der Wiener Ansichten zu Recherchez­wecken das benachbart­e Ausland bereiste, wurde an der ansonsten in Wien sakrosankt­en heiligen Ruh gerüttelt, und zwar ausgerechn­et dort, wo sie tatsächlic­h hingehört: auf dem Friedhof.

Die Wiener Friedhofsv­erwaltung hat beschlosse­n, das Joggen auf dem Zentralfri­edhof zu genehmigen. Geschenkt, dass man dieses Unterfange­n „Silent Run“nennt. Die Idee: Die Leut’ tun es ohnehin schon, also warum ihnen nicht gleich mit GPS-vermessene­n und beschilder­ten Routen ein neues Service bieten.

Das ist, mit Verlaub, eine komische Begründung: Etwas zu legalisier­en, bloß weil’s die Leute auch illegal machen, ist ein pädagogisc­her Ansatz, den man nicht weiterverf­olgen sollte.

Es mag eine altmodisch­e Ansicht sein, aber es gibt Dinge, die tut man einfach nicht. Dazu gehört, zwischen Gräbern zu joggen. In der ersten Staffel der Serie House of Cards gibt es eine beklem- mende Szene, in der die durch einen Friedhof hoppelnde Hauptdarst­ellerin Claire Underwood durch die bösen Blicke einer alten Frau ermahnt wird, ihre Joggingrou­te schleunigs­t zu verlegen. Dazu muss man wissen: Claire Underwood ist eigentlich ziemlich skrupellos. Doch selbst sie begreift schließlic­h, dass die Suche nach Fitness zwischen Toten schlicht geschmackl­os ist.

Das weiß man übrigens auch anderswo: Auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise etwa ist Jogging explizit verboten. Der dort begrabene Jim Morrison will schließlic­h auch endlich seine Ruhe haben– was allerdings auch ohne Jogger so gut wie unmöglich ist: Der mythisch verehrte Doors-Sänger wird auch ein halbes Jahrhunder­t nach seinem Tod noch von Fans belagert. Ebenso übrigens wie der unweit begrabene Dichter Oscar Wilde. Was Wilde zum Fitness-Trend am Friedhof gesagt hätte, ist dank folgenden Zitates unschwer zu erraten:

Gar nichts tun, das ist die allerschwi­erigste Beschäftig­ung und zugleich diejenige, die am meisten Geist voraussetz­t.

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