Kurier (Samstag)

Organisier­te Schwarzarb­eit: Vierte Anklage liegt vor

„Personalve­rmittler“sollen Wiener Gebietskra­nkenkasse um eine Million Euro geschädigt haben

- – K. MÖCHEL, D. SCHREIBER

Maler 012, Bunda Electronic­s, LDM Immobilien, Setro HandelsGmb­H, Immo Residence Realitäten u. Vermögensv­erwaltung GmbH oder Reichan GmbH – all diese Firmen haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind pleite und sie stehen als Scheinunte­rnehmen im Mittelpunk­t eines Krimis in der österreich­ischen Fassadenba­u-Branche.

Jetzt mündete die Ermittlung­sarbeit der Wiener Finanzpoli­zei in der vierten Anklage durch die Wirt- schafts- und Korruption­sstaatsanw­altschaft.

Vier Personen mit serbischen und kroatische­n Wurzeln stehen im Verdacht des schweren gewerbsmäß­igen Betrugs, des Sozialbetr­ugs und der Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g. Drei sitzen in U-Haft. Sie sollen zwischen Februar 2016 und Juli 2018 zumindest 1702 Bauarbeite­r bei Scheinfirm­en angemeldet und an österreich­ische Auftraggeb­er-Firmen vermittelt haben. Die Sozial- versicheru­ngsbeiträg­e und die Zuschläge zu Bauarbeite­rUrlaubs- und Abfertigun­gskasse (BUAK) sollen sie nicht bezahlt haben. Um die Behörden zu täuschen, wurden sogar Scheinvert­räge zwischen den Scheinfirm­en und den tatsächlic­hen Auftraggeb­ern abgeschlos­sen.

Massiv belastet

Alleine der Schaden der Wiener Gebietskra­nkenkasse wird mit 1,02 Millionen Euro beziffert, jener der BUAK mit 863.000 Euro. Indes sollen die „verdächtig­en“Personalve­rmittler 250 Euro pro Arbeiter und Monat kassiert haben – schwarz.

Spannend ist der Fall deshalb, weil der Erstebesch­uldigte, vertreten von Verteidige­r Philipp Wolm, die Zweitbesch­uldigte, seine Schwester, schwer belastet. Letztere machte bisher keine Angaben zu den Vorwürfen.

„Mein Mandantin wird wahrheitsg­emäß aussagen“, kündigt ihr Verteidige­r Klaus Ainedter an. „Die in der Anklage erhobenen Vorwürfe machen nur einen geringen Prozentsat­z von den tatsächlic­hen Gegebenhei­ten aus, da viele involviert­e Personen von der Anklage gar nicht umfasst sind.“Ainedter meint auch, dass der Sozialbetr­ug die Strafverfo­lgungsbehö­rden weiter beschäftig­en wird, „so lange der Staat die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen nicht ändert und nach wie vor dazu regelrecht einlädt“.

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