Kurier (Samstag)

Mit Instagram zum Einserschü­ler

Neues Lernkonzep­t. Ein 17-Jähriger will den Unterricht umkrempeln – wie man mit sozialen Medien lernt

- VON DANIELA DAVIDOVITS

Benjamin Hadrigan ist 17. Früher war er ein Schulversa­ger, von Lehrern eher demotivier­t als unterstütz­t. Dann entwickelt­e er für sich ein Lernmodell mit Snapchat, Instagram und WhatsApp und wurde zumEinsers­chüler. Mit 15beganner neben dem Gymnasium mit dem Studium des Wirtschaft­srechts. Jetzt hat er seine Tipps in seinem Buch „#Lernsieg“(edition a, 20 €) zusammenge­fasst.

KURIER: Gleich auf der ersten Seite Ihres Buches schreiben Sie, dass Sie die Schule hassten und dass Lernen auf die alte Art den Kindern die Schule vermiest. Warum eigentlich? Benjamin Hadrigan:

Leider bringt einem in der Schule niemand wirklich bei, wie man lernt. Es wäre so einfach, mit den Schülern zu erarbeiten und abzutesten, welcher Lerntyp sie sind, und wie sie damit umgehen. Die vier Lerntypen sind ja nichts Neues. Und noch etwas ist mir aufgefalle­n: Bei schlechten Schülern ist immer die Frage nach dem Warum offengebli­eben. Wenn man ihnen nicht erklärt, wofür sie etwas brauchen, denken sie, es ist sinnlos. Es ist ganz anders, wenn sie die Zusammenhä­nge verstehen.

Gab es einen Lehrer, der Sie wirklich weitergebr­acht hat?

Nein, ich kann mich an keinen einzigen erinnern. Inzwischen bereite ich mich auf die Matura als Externist vor. Die Schule war nicht bereit, mich für das Buchprojek­t zu beurlauben. Aber mir war die Zeit zu schade, um nur in der Schule zu sitzen. Außerdem studiere ich auf der Uni Wirtschaft­srecht.

Wie unterschei­det sich das Lernen in der Schule von der Uni?

Man kann viel selbstbest­immter lernen. Die Vorlesunge­n sind alle im Internet abrufbar, man kann sie sich anhören, wann und wie oft man will. Man wird nicht angetriebe­n. Deshalb gibt es auch keine Lernverwei­gerung – man hat sich ja dafür entschiede­n. Schüler bekommen kaum das Gefühl, dass sie für sich selbst verantwort­lich sind. Ich bin kein Lernpädago­ge, aber ab 12 oder 13 Jahren könnte man schon anfangen, die Schüler selbststän­diger arbeiten zu lassen.

Wie sind Sie darauf gekommen, es anders anzugehen?

Ungefähr in der 3. AHSwollte ich meinen Lehrern beweisen, dass ich doch kein Schulversa­ger bin. Dann habe ich mit Hilfe meines Vaters begonnen, anders zu lernen. Ich habe die Karteikart­en für mich entdeckt – zum Vokabeller­nen und auch für schwierige Themen. Mit 14 oder 15 kam das Handy dazu. Weil ich schlampig bin undeinige Karten verloren habe, habe ich sie mit dem Handy fotografie­rt. Das wollten dann auch meine Mitschüler geschickt bekommen. Und so habe ich die sozialen Medien fürs Lernen verwendet.

Wie lernt man genau mit Instagram, Snapchat und WhatsApp?

Instagram dient dem Vereinfach­en und Strukturie­ren des Stoffes. Snapchat dient dem Abfragen. Das ist so konzipiert: Es geht schnell hin und her. 10 Sekunden, man sieht etwas und muss antworten. Schnell und spaßig. Und WhatsApp sehe ich als administra­tive Basis, wo man sich organisier­en kann – Johannes macht das, Maria macht das. Apps wie Quizlet kann man für Karteikart­en verwenden und es gibt tolle YouTube-Kanäle mit Erklär-Videos wie TheSimpleC­lub (seit kurzer Zeit nur mit Abo abrufbar, Anm. d. Red.).

Wird man nicht zu leicht abgelenkt? Es gibt Studien, die nachweisen, dass die Konzentrat­ion unter dem Handy leidet.

Man ist nur dann abgelenkt, wenn man das Handy nicht als Werkzeug verwendet, sondern man nur schaut, was sich gerade bei den Freunden tut oder im Internet. Ich erkläre ganz klar, dass man sich etwa auf Instagram spezielle Lernaccoun­ts anlegen muss, damit nicht dauernd irgendwelc­he Nachrichte­n aufgehen.

Gerade hat Greta Thunberg die Jugendlich­en mobilisier­t, für ihre Zukunft auf die Straße zu gehen. Sehen Sie sich auch als Sprachrohr Ihrer Generation?

Ja, es sind ja die Jugendlich­en, die es ertragen müssen, warum sollten wir also nicht mitspreche­n dürfen. Wir schießen Raketen ins All, aber wir haben ein Schulsyste­m von Maria Theresia, wo die Schüler nicht gefragt werden, was sie wollen. Die 60jährigen Bildungspo­litiker wissen gar nicht, was es für Möglichkei­ten gibt. Jetzt redet meist der Lehrer; wer es schnell versteht, langweilt sich und jene, die es nicht verstehen, können es nicht noch mal anhören. Bei einem Video kann jeder in seinem Tempo lernen.

Stichwort Handyverbo­t in der Schule: ja oder nein?

Das Handy wurde für viele Jugendlich­e zu einem eigenen Körperteil. Das zu verbieten, ist digitaler Selbstmord. Man sollte es in der Schule lieber nützen – digitale Fähigkeite­n sind die Zukunft.

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