Kurier (Samstag)

Meyerhoff in der rappelvoll­en Burg: Der Lieberling las seine Lieblingss­tellen

- – TRENK

2005 kam Joachim Meyerhoff ans Burgtheate­r – und schon bald wollte er ein eigenes Projekt, ein vielleicht größenwahn­sinniges, realisiere­n. Und Klaus Bachler, damals Direktor, stimmte zu, dass er unter dem Titel „Alle Toten fliegen hoch“an sechs Abenden die Geschichte seines Alter Egos erzählte. Im ersten Teil, 2007 uraufgefüh­rt, berichtete Meyerhoff über dessen Schuljahr in den USA, im Jahr darauf über die Kindheit und den Tod des Vaters usw. Die halbszenis­chen

Solo.

Abende waren derart erfolgreic­h, dass eine Veröffentl­ichung nur eine Frage der Zeit war. 2011 erschien „Amerika“, insgesamt sind es bis 2017 vier Bände geworden.

Nun, quasi als Zusammenfa­ssung des letzten Jahrzehnts, las Meyerhoff im rappelvoll­en Burgtheate­r seine vier Lieblingss­tellen. Nicht 90 Minuten lang, wie angekündig­t, sondern zwei Stunden. Und er hätte wohl weiterlese­n müssen, wenn er die vier Bücher nicht ans Publikum verschenkt hätte.

Meyerhoff hatte samt und sonders kleine Katastroph­enfälle ausgewählt: Wie er just bei der Rezitation von Paul Celans „Todesfuge“in einen monströsen Lachkrampf verfiel. Oder beim Dreh mit der geliebten Großmutter, die ihn zärtlich immer „Lieberling“nennt, in Ohnmacht fiel – und mit einer solchen Leichensti­mme sprach, dass er synchronis­iert werden musste. Es war ein wunderbare­r Abend. Ob er weiter an der Burg bleiben werde, verriet Meyerhoff nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Austria