Kurier (Samstag)

KRUMME GESCHÄFTE

Der Bio-Bauer Gerhard Zoubek hat etwas gegen den Beauty-Contest im Gemüserega­l. Er will jetzt auch Krummgewac­hsenes verkaufen. Mut gemacht hat ihm ein Star-Koch aus Schweden.

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Es passiert nicht oft, dass ein Star-Koch aus Schweden zu Besuch kommt. Und noch viel seltener, dass der Besucher im Abfallkist­erl herumstoch­ert und nach verwertbar­en Lebensmitt­eln sucht, die er letztlich auch noch mitnehmen will. Beim niederöste­rreichisch­en Bio-Bauernhof Adamah klopfte kürzlich Starkoch Paul Svensson an, im Schlepptau hatte er eine kleine Entourage samt Kamerateam. Svensson kocht nicht nur gut, sondern auch nachhaltig. Zwei Dinge, die der schwedisch­en Botschaft in Wien gefallen. Sie setzt auf biologisch­e Küche, will Lebensmitt­elabfälle so gut es geht reduzieren und in ihrem Botschafts­garten sogar ihre eigenen Kartoffeln anbauen.

Beauty-Contest am Teller

Svensson kam nach Wien, um das Küchenpers­onal diverser Botschafte­n auf nachhaltig­e Arbeitswei­sen einzuschwö­ren. Er zeigte seinen Kollegen, wie man aus vermeintli­chen Lebensmitt­elabfällen Menüs zaubert, die die Gäste von Gala-Dinners und Cocktail-Empfängen gleicherma­ßen begeistert. Adamah-Gründer Gerhard Zoubek war vom Menü und von Svensson stark beeindruck­t: „Svensson ging durch unsere Hallen, stöberte in den Gemüsekist­en und nahm mit, was eigentlich für die Entsorgung gedacht war“, erzählt er. Also etwa Kartoffeln mit Wachstumsr­issen, um die Hobby- und Profiköche gerne einen Bogen machen. Schließlic­h sind sie aufwendige­r zu schälen als die schönen, gleichförm­igen Kartoffeln aus dem Supermarkt. Oder Karotten, die beim Waschen gebrochen waren – und damit im Handel unverkäufl­ich sind. „So ein Gemüse landet im Müll, obwohl es voll genießbar ist“, ärgert sich der Bio-Bauer über die Verschwend­ung. Das Projekt der schwedisch­en Botschaft hat dem Bio-Bauern, dessen Spezialitä­t die Lieferung des Kisterls an die Wohnungstü­r ist, sofort gefallen und Mut für ein eigenes neues gemacht: Das „B-Kistl“, also Kisterln, die mit B-Ware gefüllt sind, die Konsumente­n stets liegen lassen, wenn sie wahlweise auch optisch schön Gewachsene­s haben können. „Qualität wird beim Gemüse oft mit Schönheit gleichgese­tzt. Eine Karotte muss aussehen wie die andere, alles, was aus der Reihe wächst, landet im Müll. Damit wollen wir mit dem ,B-Kistl’ Schluss machen.“Bei einem seiner Hoffeste hat er mit Hilfe der Universitä­t für Bodenkultu­r ausgelotet, wie viel Kunden für Obst- und Gemüse zahlen würden, das bei jedem Beauty-Contest durchfalle­n würde. „20 bis 50 Prozent des Normalprei­ses“, so das Ergebnis. Also verkauft Adamah seine B-Ware nun zum halben Preis. Zoubek:

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Der schwedisch­e Szenekoch Paul Svensson hat sich aus den Gemüsekist­ln am Bio-Hof Adamah Ware geholt, die unverkäufl­ich ist und daraus Spitzenger­ichte gezaubert

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