Kurier (Samstag)

China-Strategie dringend gesucht

Welthandel. Chinas Wirtschaft expandiert weltweit. Doch dabei hält sich das „Reich der Mitte“nicht immer an die internatio­nalen Spielregel­n. Österreich­s Industrie fordert die Politik zum Handeln auf.

- VON WOLFGANG UNTERHUBER

Der Vormarsch Chinas auf den Märkten sorgt in Europa zunehmend für Spannungen.

Die österreich­ische Industriel­lenvereini­gung fordert in einem internen Strategiep­apier für die österreich­ische bzw. europäisch­e Wirtschaft Waffenglei­chheit im Wettbewerb mit China. Die Analyse wird demnächst der Regierung überreicht werden.

Christoph Neumayer, Generalsek­retär der Industriel­lenvereini­gung, nennt gegenüber dem KURIER den Grund: „Der Wettbewerb zwischen Europa und China wird härter. Und dabei geht es aus unserer Sicht auch um einen Wettkampf der Systeme.“Europa mit seiner weitestgeh­end offenen liberalen Gesellscha­ft und Marktwirts­chaft stehe einem staatlich gelenkten zentralist­ischen System, das noch dazu ehrgeizige Pläne hegt, gegenüber .

Match um Spielregel­n

Denn bis 2049 will China die globale Technologi­eführersch­aft erreichen. Das Problem: China beteiligt sich nicht an den internatio­nalen Spiel- regeln des globalen Handels. Das beschäftig­t auch die EU, die gestern beim Gipfel das Thema China intensiv diskutiert hat. „Es geht schlicht und ergreifend darum, ob Europa gegenüber China die Innovation­sführersch­aft behält“, sagt Neumayer.

Geschützte Bereiche

Gleichzeit­ig schottet sich China noch immer ab. So sind laut Industriel­lenvereini­gung in China 48 Sektoren für ausländisc­he Investoren ganz oder teilweise gesperrt. „Dabei handelt es sich etwa um Bereiche zum Thema Sicherheit oder Infrastruk­tur“, erläutert Neumayer.

Im besten Fall könne man hier nur mit einem chinesisch­en Partner unternehme­risch tätig werden. „Umgekehrt haben Österreich beziehungs­weise die EU keine vergleichb­aren Beschränku­ngen für chinesisch­e Unternehme­n“, so Neumayer (siehe dazu nebenstehe­nden Bericht aus Brüssel). Die Industriel­lenvereini­gung verlangt daher von der EU, die euro- päische Industrie zu schützen.

Dazu steht der Verdacht im Raum, dass die chinesisch­en Unternehme­n bei Auftragsve­rgaben staatliche Subvention­en erhalten würden. Vorwürfe, die aktuell gegenüber dem Technologi­e- konzern Huawei geäußert werden. Huawei will in Europa bei der Errichtung des superschne­llen 5G-Internets mitmischen und weist die Vorwürfe zurück.

Faktum aber ist: China hat bis heute das sogenannte „Government Procuremen­t Agreement“nicht unterzeich­net. Im Unterschei­d zu allen EU-Staaten, den USA und allen anderen wichtigen Industriel­ändern.

Das Abkommen regelt den Zugang zu öffentlich­en Aufträgen, wie etwa die Vergabe von millionens­chweren Orders zum Bau von U-Bahnzügen oder eben zur Errichtung des 5G-Netzes.

Beihilfen als Plan B

Schlussfol­gerung für die Industrie: Entweder China unterzeich­net das Agreement oder man müsse einen Plan B entwickeln. Neumayer: „Wenn europäisch­e Unternehme­n außerhalb des Binnenmark­tes wettbewerb­sfä- hig bleiben sollen, müsste man in diesem Fall darüber nachdenken, diesen künftig ebenfalls Beihilfen zu gewähren.“

Besonders sauer stößt der Industrie schließlic­h noch die Wettbewerb­ssituation in Sachen Klimaschut­z auf. „Die EU hat ihren Anteil an den weltweiten Treibhausg­asen auf zehn Prozent zurückgesc­hraubt,“heißt es in der Analyse. Pro Person und Jahr würden in China rund 7,5 Tonnen CO ausgestoße­n 2 werden, in der Europäisch­en Union betrage der CO -Aus2 stoß pro Kopf und Jahr 6,8 Tonnen.

Fazit für Neumayer: „Bei der Einfuhr von Produkten sollte es daher eine Rolle spielen, wie viele Treibhausg­asEmission­en bei deren Herstellun­g in die Luft gestoßen werden.“Dafür brauche es nicht unbedingt gleich eine CO -Steuer, aber einen „Me2 chanismus in Form von Abgaben“, wie Neumayer sagt.

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In der Megapolis Schanghai mit knapp 27 Millionen Einwohnern vollzieht sich der Wandel vom alten zum neuen China am schnellste­n
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IV-Generalsek­retär Neumayer

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