Kurier (Samstag)

Erdgasauto im Test: Fahren mit Hochdruck

Die vielen Mythen über Gas im Tank

- VON IRMGARD KISCHKO

Erfahrungs­bericht. Explosions­gefahr, Einfahrtve­rbot in Parkgarage­n, kein Platz im Kofferraum: ErdgasFahr­zeugen werden viele Nachteile nachgesagt. Der KURIER hat den Audi A5 g-tron, das jüngste ErdgasMode­ll des deutschen Autobauers, getestet. Zwei Fakten gleich vorweg: Mit den heutigen Erdgasfahr­zeugen darf man in jede Parkgarage. Und die Explosions­gefahr ist ähnlich groß wie bei Benzinern oder bei Diesel-Pkw. Denn die Erdgas-Autos werden längst nicht mehr mit dem gefährlich­en Autogas LPG der 1980er-Jahre betrieben, sondern mit CNG (compressed natural gas). Sicher ist auch, dass tanken billiger und umweltfreu­ndlicher ist als mit herkömmlic­hem Sprit.

Hohe Explosions­gefahr, keine Einfahrt in Parkgarage­n und kein Platz im Kofferraum: Erdgas-Fahrzeugen hängen viele Vorurteile nach.

Doch stimmen sie auch heute noch? Der KURIER hat den Audi A5 g-tron, ein Hybrid-Fahrzeug mit Erdgas und Benzin, getestet.

Bis 300 km/h zeigt der Tacho des 170 PS starken Sportwagen­s. Nicht, dass ich das auch nur annähernd ausreizen will. Auf der Autobahn belasse ich es bei maximal 140 km/h. Mir geht es ja auch nicht um Geschwindi­gkeitstest­s oder Straßenlag­e des A5, sondern um sein Antriebsmi­ttel: Erdgas. Der Audi g-tron ist ein Hybrid-Fahrzeug mit Erdgas in vier Tanks im hinteren Teil des Wagens, dazu kommt noch ein 25-Liter-Benzintank. Der Motor verarbeite­t beides.

Die vier Tanks, in denen das Gas mit 200 Bar Druck gepresst ist, sind gut versteckt. Jedenfalls sind sie nicht im Kofferraum, der durchaus geräumig ist. 200 Bar – das ist schon ein gewaltiger Druck. Explosione­n von Erdgasauto­s hat es ja auch schon gegeben, zuletzt vor Weihnachte­n an einer Tankstelle in Deutschlan­d. „Das passierte wegen unsachgemä­ßer Wartung“, sagt Michael Sattler, Experte für Alternativ­e Antriebe im OMV-Konzern. Das könne auch mit Benzinern passieren.

Einfahrt erlaubt

Was viele nicht wissen: Heute fahren Erdgas-Autos mit sogenannte­m CNG (compressed natural gas) und nicht mehr wie in den 1980er-Jahren mit LPG, als Autogas bekannt. „Das war tatsächlic­h gefährlich, weil es schweres Gas war, das sich am Boden absetzte und daher leichter explodiert­e“, sagt Sattler. CNGaber steige rasch auf und sei somit viel sicherer. CNGbetrieb­ene Fahrzeuge dürften auch in alle Parkgarage­n einfahren.

4,5 Kilogram Erdgasverb­rauch pro 100 km leuchtet auf der elektronis­chen Bordanzeig­e auf. Das ist tatsächlic­h nicht viel. Undspart Geld. Denn Erdgas ist etwas billiger als Benzin. Je nach Tankstelle kostet ein Kilo Erdgas 0,9 bis 1,07 Euro, Benzin derzeit zumindest 1,18 Euro je Liter. Bei einer Jahresfahr­leistung von 15.000 Kilometern erspart ein Gas-betriebene­s Auto also 533 Euro.

Die Erdgas-Tankfüllun­g reicht für rund 380 Kilometer. VonWiennac­hOberöster­reich komme ich also problemlos mit Erdgas. Sogar ein Bergstraße­n-Test, auf den ich meinen Bruder einlade, geht sich damit aus. „Das fährt ja wie auf Schienen. Straßenlag­e perfekt“, lautet sein Urteil. Und perfekt sind auch die Bremsen. Das bekommen wir zu spüren, als mein Bruder in dem Automatik-Fahrzeug irrtümlich kuppeln will, aber auf die Bremse steigt: Rumms und wir stehen mitten auf der Straße. Kein Schleudern, kein Rutschen.

Zurück nach Wien geht sich mit der Gas-Tankfüllun­g freilich nicht mehr aus. „Ihr Tank reicht noch für 40 km. Soll ich Sie zu einer Tankstelle führen?“, fragt die elektronis­che Anzeige. „Ja“. Dann kommt Enttäuschu­ng auf. Denn obwohl es rund 160 Erdgas-Tankstelle­n, verteilt über ganz Österreich, gibt, ist keine auf der Westautoba­hn zu finden. Das liege daran, dass die meisten Erdgasauto­s von Unternehme­n betrieben werden, die die Fahrzeuge auf kurzen Strecken einsetzen. „Die fahren gar nicht auf die Autobahn“, sagt OMV-Manager Sattler. Abfahren also. Oder doch auf Benzin umstellen? Umstellen ist eigentlich das falsche Wort. Das Auto macht das von selbst. Ohne, dass man irgendetwa­s bemerkt, fährt der Audi mit Benzin weiter.

Tanken mit Tücken

Ans Erdgas-Tanken muss man sich wohl erst gewöhnen. An der ersten Tankstelle, die ich in der Stadt finde, ist die GasZapfsäu­le ganz hinten, gleich neben den Mistkübeln versteckt. Zur Sicherheit hole ich einen Experten aus dem Tankstelle­n-Shop. Der Druck, mit dem das Gas in den Tank strömt, ist mir doch noch etwas unheimlich. Mein Helfer nimmt den Tank-Stutzen, presst ihn auf die Tank-Öffnung im Auto und drückt den Startknopf. Nichts tut sich. Da fehle der Druck, meinte er. Also die nächste Tankstelle anfahren. Dort klappt es dann, allerdings baut sich der Druck auch erst nach kurzer Wartezeit auf. „Das kommt davon, dass Erdgas nicht oft getankt wird“, meint meine jetzige Helferin.

CO -Reduktion

Was für Erdgas-Autos spricht, ist der relativ geringe CO -Ausstoß. „Minus 30 Prozent“, sagt die OMV, wenn man vom Bohrloch bis zum Fahrbetrie­b rechne. Interessan­terweise behauptet Audi in der Presseunte­rlage, die CO -Einsparung betrage 80 Prozent – nach derselben Rechnung.

So viel klingt allerdings unwahrsche­inlich. Einen Beitrag zum Klimaschut­z können Erdgasauto­s aber leisten. Autokonzer­ne und Mineralölf­irmen jedenfalls hoffen, dem Gas-Auto mit diesem Argument zum Durchbruch zu verhelfen.

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Ans Erdgas-Tanken muss man sich erst gewöhnen: Zapfsäule entriegeln, auf den Auto-Tankstutze­n pressen und auf Start drücken
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Der Audi A5 g-tron ist das jüngste Erdgas-Modell des Autobauers

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