Kurier (Samstag)

Was Wohnen kostet

Bis 30. Juni ist es Zeit für die Betriebsko­sten-Abrechnung für Mieter und Wohnungsei­gentümer. Was darf verrechnet werden? Elke Hanel-Torsch, Expertin der Mietervere­inigung, hat die 10 wichtigste­n Fragen beantworte­t.

- VON U. GRÜNBACHER

Damit ein Haus bewohnbar ist, braucht man Energie, Wasser, einen Kanalansch­luss, aber auch jemanden, der den Müll abholt und das Stiegenhau­s reinigt, dazu kommen Grundsteue­r und Versicheru­ngsgebühre­n für den Ernstfall. Alle Anlagen müssen gewartet und gepflegt werden, auch das kostet Geld. Während Einfamilie­nhausbesit­zer sich selbst um diese Ausgaben kümmern, ist das im Mehrfamili­enhaus anders. Hier kümmert sich ein Hausverwal­ter darum, die anfallende­n Kosten werden auf Mieter oder Wohnungsei­gentümer aufgeteilt. Einmal im Jahr legt der Verwalter Mietern und Wohnungsei­gentümern eine Betriebsko­stenabrech­nung vor, diese muss bis 30. Juni zugestellt oder im Haus ausgehängt werden. Der Unterschie­d zwischen Mietern und Eigentümer­n: Zu den Betriebsko­sten nach Mietrechts­gesetz kommen bei Wohnungsei­gentümern Aufwendung­en für Gemeinscha­ftsanlagen, Bankspesen, und Rechtsanwa­ltskosten hinzu. Die Abrechnung erfolgt nach Nutzwerten, dazu kommt eine Bilanz der Rücklagen für Reparature­n im Haus.

Waskönnen Mieter tun, wennbis 30. Juni keine Abrechnung gelegt wird?

Wenn sie bis 30. Juni keine Abrechnung erhalten, dann sollten sie diese von der Hausverwal­tung oder vom Vermieter anfordern. Sollte die Betriebsko­stenabrech­nung trotzdem nicht ausgehängt oder übermittel­t werden, besteht die Möglichkei­t, einen Antrag auf Legung bei der Schlichtun­gsstelle oder dem Gericht einzubring­en.

Wanngilt die Abrechnung als formal korrekt?

Die Abrechnung muss vollständi­g und nachvollzi­ehbar sein und ein Verzeichni­s aller Einnahmen und Ausgaben enthalten. Die Mieter müssen sich ein Bild machen können, welche Rück- oder Nachzahlun­gen ihnen aus der Gegenübers­tellung von bezahlten Pauschalra­ten und effektiv angelaufen­en Kosten entstehen. Normalerwe­ise genügt die Auflistung der Ausgabenpo­sten, die der Mieter anhand der ihm zur Einsicht vorgelegte­n Belege überprüfen kann. Die Rechnungen müssen im Abrechnung­sjahr fällig geworden sein.

Für viele Laien ist die Abrechnung schwer verständli­ch: Worauf sollten sie bei der Durchsicht achten?

In die Betriebsko­stenabrech­nung dürfen nur Positionen aufgenomme­n werden, die der abschließe­nde Betriebsko­stenkatalo­g des Mietrechts­gesetzes vorsieht (siehe

rechts). Dem Grunde nach zulässige Positionen können der Höhe nach geprüft werden. Aktuelle Vergleichs­werte für eine erste Einschätzu­ng, ob die Höhe der Betriebsko­sten im Rahmen liegt, liefern etwa der Betriebsko­stenspiege­l und der Online-Betriebsko­stenrechne­r der Mietervere­inigung.

Wie kann kontrollie­rt werden, ob ein Posten überhöht ist?

Die Hausverwal­tung/der Vermieter muss Mietern Einsicht in alle Belege gewähren, die der Abrechnung zugrundeli­egen. Das Recht der Mieter auf Belegeinsi­cht oder die Ausfolgung von Kopien besteht nur binnen sechs Monaten ab Legung der Abrechnung.

Wie lange haben Mieter Zeit, die Abrechnung zu beanstande­n?

Eine Überprüfun­g ist bei Altbauten und geförderte­n Neubauten binnen drei Jahren ab Fälligkeit von Guthaben/Nachzahlun­g möglich. Bei Genossensc­haftswohnu­ngen ist es notwendig, binnen sechs Monaten ab Abrechnung­slegung einen schriftlic­hen, begründete­n Einspruch gegen die Abrechnung zu erheben.

Die Mietervere­inigung überprüft viele Abrechnung­en: Was sind häufige Fehler?

Oft finden sich fälschlich­erweise Kosten wie Porti, Bankspesen oder Zinsen in den Betriebsko­sten. Diese Kosten sind jedoch (im Altbau und im geförderte­n Neubau) bereits vom Verwaltung­shonorar gedeckt. Kosten für Reparature­n werden oft in die Abrechnung aufgenomme­n – Reparature­n sind jedoch keine Betriebsko­sten. In Häusern mit Aufzügen werden oftmals Vollwartun­gsverträge abgeschlos­sen und über die Betriebsko­sten abgerechne­t. In einem solchen Vertrag sind neben der Wartung aber auch Reparature­n inkludiert, die keine Betriebsko­sten sind.

Gibt es auch Posten, bei denen nicht klar ist, ob sie Sache des Mieters oder des Vermieters sind?

Im Vollanwend­ungsbereic­h des MRG (Altbau und geförderte­r Neubau) sowie bei Genossensc­haftswohnu­ngen ist gesetzlich festgelegt, welche Kosten als Betriebsko­sten verrechnet werden dürfen. Im nicht geförderte­n Neubau, bestimmten nachträgli­chen Dachboden-Ausbauten sowie Ein- und Zweifamili­enhäusern sind die Betriebsko­sten Vereinbaru­ngssache. Wurde nichts oder nichts Zulässiges vereinbart, so ist der Vermieter verpflicht­et, alle Betriebsko­sten zu übernehmen.

Wie kann ich erfahren, wie hoch der Anteil an den Betriebsko­sten ist, der auf meine Wohnung entfällt?

Der Betriebsko­stenanteil einer Wohnung errechnet sich, indem deren Nutzfläche durch die Nutzfläche des Hauses dividiert wird. Beispiel: In einem Haus mit 1000 m 2 Gesamtnutz­fläche beträgt der Betriebsko­stenanteil einer 100m 2 -Wohnung 10 Prozent. Die Nutzfläche einer Wohnung ergibt sich aus der Bodenfläch­e, wobei Keller, Dachbodena­bteile, Balkone, Terrassen und Mauerdurch­brechungen nicht mitgezählt werden, Loggien schon. Dies gilt für Wohnungen, die dem Mietrechts­gesetz (MRG) oder dem Woh

nungsgemei­nnützigkei­tsgesetz (WGG) unterliege­n – wobei im WGGauch nach Nutzwerten aufgeteilt werden kann.

Wie hoch sind die Betriebsko­sten pro Quadratmet­er in Wien derzeit?

Im Abrechnung­sjahr 2016 betrugen die monatliche­n Nettobetri­ebskosten pro Quadratmet­er Nutzfläche rund 2,03 Euro – in Häusern mit Lift sind zusätzlich im Schnitt 0,23 Euro pro Quadratmet­er Nutzfläche angefallen.

Welche Unterschie­de in der Abrechnung gibt es zwischen Mietrechts­gesetz (MRG) und Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z (WGG)?

Bei Genossensc­haftswohnu­ngen ist es auch möglich, die Betriebsko­sten nicht nach Nutzfläche­n aufzuteile­n, sondern nach dem so genannten „Nutzwert“. Dieser ergibt sich aus der Nutzfläche der jeweiligen Objekte samt Zu- oder Abschlägen für werterhöhe­nde oder -vermindern­de Eigenschaf­ten wie etwa Balkon, Terrasse, Garten oder Stockwerks­lage.

 ??  ?? Die Kosten für die Müllabfuhr sind klassische Betriebsko­sten
Die Kosten für die Müllabfuhr sind klassische Betriebsko­sten
 ??  ?? Laufende Kosten für den Betrieb eines Lifts sind Betriebsko­sten
Laufende Kosten für den Betrieb eines Lifts sind Betriebsko­sten
 ??  ?? Einmal jährlich findet in jedem Wohnhaus eine Hauptkehru­ng statt – die Kehrgebühr­en sind Betriebsko­sten
Einmal jährlich findet in jedem Wohnhaus eine Hauptkehru­ng statt – die Kehrgebühr­en sind Betriebsko­sten
 ??  ?? Kaltwasser: zählt zu Betriebsko­sten, Ablesekost­en nur, wenn vereinbart
Kaltwasser: zählt zu Betriebsko­sten, Ablesekost­en nur, wenn vereinbart

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