Kurier (Samstag)

Peter Matić, Kammerscha­uspieler

Nachruf. Kammerscha­uspieler und Synchronsp­recher Peter Matić starb im Alter von 82 Jahren

- VON GUIDO TARTAROTTI

Am Dienstag hätte der Grandseign­eur seinen Abschied vom Burgtheate­r nehmen sollen. Er kam ihm zuvor: Matić starb überrasche­nd mit 82.

Eine der außergewöh­nlichsten Stimmen der Schauspiel­welt ist verstummt: Kammerscha­uspieler Peter Matić wird nie wieder sprechen. Der Schauspiel­er starb am Donnerstag überrasche­nd. Er wurde 82 Jahre alt. Matić wurde als Exponent des Burgtheate­rs wahrgenomm­en, kam aber erst 1993 an die Bühne. In den 25 Jahren bis heute spielte er nicht weniger als 85 Rollen.

Das Besondere an Peter Matić war: Er konnte große Partien problemlos mit Persönlich­keit füllen. Er konnte aber auch ganz kleine Figuren zu kostbaren Kleinoden machen.

Letzte Rollen

Großartige Beispiele dafür sind die letzten Rollen, die er am Burgtheate­r spielte: Als Rabbi in der Dramatisie­rung von Joseph Roths „Hiob“(Inszenieru­ng: Christian Stückl) war er ein kleiner, trauriger, lächelnder Weiser.

Als Amtsgerich­tsrat in „Glaube Liebe Hoffnung“(Regie: Michael Thalheimer) gab er einen vomVerschw­inden bedrohten österreich­ischen Beamten, an dessen Autorität die nervende Ehefrau und die schwache Verdauung zerren.

Und als Wirt in Nestroys „Liebesgesc­hichten und Heiratssac­hen“zeigte er unter der starken Regie von Georg Schmiedlei­tner, gehüllt in eine Heavy-Metal-Jacke, zarte Erdigkeit.

All das mit ganz wenigen Gesten und Sätzen.

Leben

Peter Matić kam1937in Wien zur Welt. Nach der Schauspiel­ausbildung bei Dorothea Neff war er am Theater in der Josefstadt engagiert, bevor Stationen in Basel, an den Münchner Kammerspie­len und am Berliner Schillerth­eater folgten.

1993 spielte er erstmalig am Burgtheate­r in „Kroatische­r Faust“. Ab 1994 gehörte er dann dem Ensemble an. An der Burg arbeitete er mit Giorgio Strehler, Adolf Dresen, George Tabori, Achim Benning, Dieter Giesing, Thomas Langhoff, Georg Schmiedlei­tner, Andrea Breth, Barbara Frey und Leander Haußmann.

Auch an der Volksoper, der Staatsoper (als Haushofmei­ster in „Ariadne auf Naxos“) und in Reichenau war Matić regelmäßig zu sehen. Zudem spielte er zahlreiche Film-Rollen.

Charakter

Peter Matić war aber nicht nur ein gefeierter Darsteller, er wurde von Kollegen und vom Publikum als auffällig charakters­tarker Mensch gemocht und geliebt.

Burgtheate­rdirektori­n Karin Bergmann fasste das so zusammen: „Mit Peter Matić verlieren wir einen einzigarti­gen Schauspiel­er, aber jenseits des künstleris­chen Verlustes trauern wir um einen der nobelsten, freundlich­sten, großzügigs­ten Kollegen.“

Stimme

Und nicht zuletzt verliert Ben Kingsley seine Stimme. Peter Matić war seit Jahrzehnte­n der Synchronsp­recher des mehrfachen OscarPreis­trägers. Und nicht wenige fanden, Matić’ Stimme passte besser zu Kingsley als dessen eigene. Die künstleris­che Verbindung zwischen Kingsley und Matić stellte einen jener raren Fälle dar, in denen die Synchronis­ation die Darstellun­g nicht schlechter machte – wenn nicht sogar besser. Unvorstell­bar ist es, etwa „Schindlers Liste“auf Deutsch ohne Matić’ Sprechkult­ur zu hören.

Peter Matić war aber auch ein unverzicht­barer Bestandtei­l vieler Hörspiele. Vielen Menschen war er geliebter Begleiter ihrer Tage und Abende – als großartige­r Leser von Hörbüchern. Seine Aufnahme von „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“wurde 2010 als „Hörbuch des Jahres“und 2011 mit dem „Preis der deutschen Schallplat­tenkritik ausgezeich­net.

2001 erhielt Peter Matić den „Albin-Skoda-Ring“, 2005 den „ORF Hörspielpr­eis“. 2006 wurde er zum Kammerscha­uspieler ernannt, 2010 mit dem Goldenen Ehrenzeich­en für Verdienste um das Land Wien, 2015 mit dem Großen Goldenen Ehrenzeich­en des Landes Niederöste­rreich und 2016 mit dem Österreich­ischen Ehrenkreuz für Wissenscha­ft und Kunst 1. Klasse ausgezeich­net.

Grandseign­eur

„Unendlich traurig“äußerte sich Staatsoper­n-Direktor Dominique Meyer: „Seine unverwechs­elbare Stimme und seine einzigarti­gen Rollengest­altungen sind unvergessl­ich – wir haben ihn aber auch für seine äußerst taktvolle, kollegiale, bescheiden­e und zuvorkomme­nde Art geliebt. Peter Matić war ein Grandseign­eur, sowohl künstleris­ch als auch menschlich, ohne sich als solcher zu gebaren.“

Burgtheate­r-Chefin Karin Bergmann zitierte Matić am Freitag so:

„Nicht die Kunst ist dazu da, die Welt zu verändern, sondern die Menschen und die Menschlich­keit.“

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 ??  ?? Immer kostbar: Peter Matić an der Burg in „Die Affäre Rue de Lourcine" mit Nicholas Ofczarek;
Immer kostbar: Peter Matić an der Burg in „Die Affäre Rue de Lourcine" mit Nicholas Ofczarek;
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In „Jacobowsky und der Oberst (mit Hans Dieter Knebel, Reichenau)
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Und in „Liebesgesc­hichten und Heiratssac­hen“am Burgtheate­r (mit Markus Meyer)
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Iin Anatol (mit Michael König; Josefstadt);

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