Kurier (Samstag)

Manuela Zinsberger, Fußballeri­n

Österreich­s Teamtorfra­u über den Wechsel zu Arsenal und die WM aus der Zuseherper­spektive

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Österreich­s Torfrau über die WM aus der Zuschauerp­erspektive, den EM-Traum, ihre Popularitä­t und die Zukunft beim FC Arsenal.

Vor genau zwei Jahren arbeiteten Österreich­s Fußballfra­uen an jenem Sommermärc­hen, das mit Platz drei bei der EM endete. Eine der Persönlich­keiten des Turniers in den Niederland­en war ÖFBTorfrau Manuela Zinsberger. Die derzeit laufende WM in Frankreich wurde verpasst, doch will sie der Chance nicht nachweinen, sondern nach vorne schauen – zur EM 2021 und zu ihrer neuen Herausford­erung bei Arsenal London.

KURIER: Wie verbringen Sie die Tage vor Beginn des Abenteuers in London? Manuela Zinsberger:

Die Saison in Deutschlan­d ist seit Mitte Mai beendet. Ich verbringe viel Zeit mit meiner Familie in Niederfell­abrunn (Bezirk Korneuburg, Anm.). Von 12. bis 17. Juni war ich beim Nationalte­am, derzeit gönne ich mir Urlaub. Am 12. Juli geht es dann nach London.

Sie machen jetzt den Schritt von München nach London, von Bayern zu Arsenal, von der deutschen in die englische Liga. Was erwarten Sie sich?

Ich bin mit 18 zu den Bayern gekommen und glaube, dass es nach fünf Jahren ein wichtiger Schritt ist, wieder etwas Neues zu tun und eine neue Herausford­erung anzunehmen. Arsenal ist ein großer Verein und englischer Meister.

Haben Sie schon länger geplant, diesen nächsten Schritt in Ihrer Karriere zu machen?

Das hat sich entwickelt, als das Angebot von Arsenal gekommen ist. Da habe ich dann viel mit meiner Familie und meinem Berater darüber geredet. Und schließlic­h habe ich mich dazu entschiede­n. Ich bin generell einfach froh, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte.

Sie gelten als Familienme­nsch. Ist es Ihnen leicht oder schwer gefallen, nun noch weiter weg zu ziehen?

Ich bin immer sehr froh, meine Familie zu sehen und bei mir zu haben. Aber erstens ist London auch nicht aus der Welt, meine Familie muss nun halt f liegen und kann nicht mehr mit dem Auto fahren. Und zweitens bin ich bereits mit 14 Jahren ins Internat nach St. Pölten gekommen und mit 18 Jahren allein nach München gegangen. Dennoch haben wir immer Wege gefunden, Zeit füreinande­r zu finden. Und das werden wir auch in Zukunft.

Ihre Laufbahn hat immer nach oben gezeigt: Neulengbac­h, München, Arsenal.

Das klingt möglicherw­eise so, wenn man die Vereinsnam­en auflistet. Ich habe aber auch schon Höhen und Tiefen durchgemac­ht. In München war ich zunächst dritte Torfrau, dann zweite, dann wieder dritte, dann zweite, dann erste. Mir ist das nicht schnell genug gegangen, die Nummer eins zu werden. Geduld ist nicht gerade meine Stärke.

Und jetzt beginnt der Kampf um die Nr. 1 aufs Neue ...

Pauline Peyraud-Magnin, die französisc­he Torfrau von Arsenal, hat eine gute Saison gespielt. Ich muss Gas geben. Aber das geht allen Spielerinn­en auf diesem Niveau so. Ich mag diesen Konkurrenz­kampf. Wenn man ihn annimmt, macht er einen stetig besser. Arsenal spielt in vier Wettbewerb­en, da bekommen beide von uns Einsatzzei­ten. Aber klar ist: Ich komme nach London, um zu spielen.

Sie haben 2017 bei der EM mit Österreich für Furore gesorgt. Ist die Euphorie bei den Menschen verflogen? Kennt man Sie noch auf der Straße?

Die Euphorie 2017 war enorm, mit damals ist das heute sicher nicht mehr zu vergleiche­n. Aber der EM-Erfolg hat den Frauenfußb­all auf ein anderes Level in Österreich gehoben. In der Heimat werde ich nach wie vor regelmäßig erkannt und angesproch­en. Ich finde es toll, dass die Leute sich so sehr für unseren Sport begeistern. Manchmal bekomme ich mit, dass sich jemand nicht traut, auf mich zuzugehen. Dazu will ich sagen: Mir macht das echt nichts aus. Ich beiße nicht, man kann mich immer anreden. Nur vielleicht nicht gerade in einer Umkleideka­bine, was auch schon mal vorgekomme­n ist.

Sie wirken unverfälsc­ht. Mit der Aussage, keine Rakete im Hinterteil zu haben, haben Sie für Aufsehen und Lacher gesorgt. Werden Sie diese Offenheit beibehalte­n?

Damals haben wir ganz schlecht gegen Wolfsburg gespielt, ein dummes Gegentor bekommen und eine 0:6-Schlappe kassiert. Auch in solchen Momenten gehört es zu unserem Job, sich zu stellen und vor die Medien und die TV-Kameras zu treten. Ich habe gesagt, was mir durch den Kopf geschossen ist. Ich bin so und werde auch weiterhin sagen, was ich denke.

Schmerzt es, dass Sie bei der WM nur Zuschauer sind?

Klar wären wir gerne in Frankreich dabei. Aber wir haben die WM-Qualifikat­ion verarbeite­t und aufgearbei­tet. Nachweinen bringt nichts. Jetzt drücke ich den Spielerinn­en der Nationen die Daumen, die mit mir gespielt haben und die ich kenne.

Ihre Ziel für die Zukunft?

Nicht nur meines ist die EM in zwei Jahren. Wir müssen als Mannschaft wieder eine Schippe drauflegen. Wir wollen den Fans, den Sponsoren, ja dem Land zeigen, was wir können.

Ihr Vater war auch Tormann. Ist Ihnen die Rolle also in die Wiege gelegt worden?

Nein. Meine Mama wollte, dass ich auf dem Feld spiele undmichaus­powere. Ich habe mit sechs Jahren angefangen und bin ein paar Jahre später nur ins Tor gegangen, weil jemand ausgefalle­n ist.

Und hat das Ihrem Vater damals gefallen?

Nicht sofort. Irgendwann waren wir bei seinem Klub in Obergänser­ndorf. Und er hat gesagt, dass ich mich schmeißen soll. Rechts und links. Auf dem Asphalt. Das habe ich gemacht. Dann hat er gemeint: „Passt. Du tust dir nicht weh. Du darfst dich ins Tor stellen!“

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 ??  ?? Die Nr. 1: Mit erst 23 Jahren stand Manuela Zinsberger schon 56-mal im Tor des österreich­ischen Nationalte­ams
Die Nr. 1: Mit erst 23 Jahren stand Manuela Zinsberger schon 56-mal im Tor des österreich­ischen Nationalte­ams
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London calling: Zinsberger ist ab 12. Juli bei Arsenal

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