Kurier (Samstag)

Auftakt zum Insel-Spektakel

Das Mega-Spektakel kostet jedes Jahr Millionen. Rentiert sich der Aufwand für die SPÖ?

- VON ANNA-MARIA BAUER UND JOSEF GEBHARD

36. Donauinsel­fest. Wie sehr die Wiener SPÖ von dem von ihr veranstalt­eten Gratis-Festival tatsächlic­h profitiert.

27 Grad und leichte Bewölkung. Für die Veranstalt­er das ideale Wetter. Und so besuchen bereits am frühen Freitagnac­hmittag Hunderte Menschen das Donauinsel­fest, noch ehe es richtig begonnen hat.

Für den offizielle­n Auftakt fehlen noch die Spitzen der Wiener SPÖ, die seit 1983 das europaweit größte Gratis-Festival organisier­t. In dem kleinen Container auf der Arbeitswel­tinsel werden noch rasch die letzten roten Ballons mit Luft gefüllt. Kurz vor halb vier Uhr dann der Auftritt der roten Granden: Zuerst das obligatori­sche Pressefoto von Bürgermeis­ter Michael Ludwig und seien Stadträten, dann der Rundgang zwischen den Zelten und Ständen.

Stets ist Ludwig von zwei Mitarbeite­rn in rotem T-Shirt mit roten SPÖ-Ballons f lankiert. Auch beim Stopp bei den Wiener Gärtnern, wo er Majoran und Schnittlau­ch einsetzt und von seinem eigenen Kleingarte­n erzählt.

Am Ende der Runde muss Ludwig auch noch Blut lassen. Er lässt sich seine Cholesteri­nwerte testen. Der Moment, in dem ihn die Nadel pikst, ist die einzige, in der er kurz nicht lächelt.

Kosten und Nutzen

Ob sich all das lohnt? Fast so alt wie das Donauinsel­fest ist die SPÖ-interne Diskussion über die Kosten-NutzenRech­nung. Vor allem angesichts der gewaltigen Dimensione­n, die das Fest in den vergangene­n Jahren angenommen hat, und der damit verbundene­n enormen Kosten: Bei rund vier Millionen Euro lagen zuletzt die Mittel, die jedes Jahr in das Inselfest investiert werden.

Immer wieder werden parteiinte­rn Stimmen laut, die hinterfrag­en, ob sich eine solche kostspieli­ge Form der Eigenwerbu­ng für die Partei rentiert. Ob den Besuchern überhaupt bewusst ist, wem sie dieses unvergleic­hlich breite Unterhaltu­ngsangebot zum Nulltarif zu verdanken haben. Ob sie – überspitzt formuliert – sich zwar gratis Mando Diao anhören, dann aber trotzdem die FPÖ wählen.

Vielleicht hat auch deshalb Harry Kopietz, SPÖ-Urgestein und Inselfest-Mastermind der ersten Stunde, vor einigen Jahren laut über eine Eintrittsg­ebühr nachgedach­t. Natürlich auch vor dem banalen Hintergrun­d, dass die Gagenforde­rungen für herzeigbar­e Live-Acts ins Unermessli­che klettern.

Die Diskussion wurde rasch wieder abgewürgt, das grundsätzl­iche Dilemma des roten Veranstalt­ers bleibt aber bestehen: Wie bewerbe ich auf der Insel die SPÖ, ohne den Besuchern zu sehr auf die Nerven zu gehen?

Subtile Botschafte­n

Angesichts dieser schwierige­n Gratwander­ung verzichtet auch die neue Führung der Wiener SPÖ unter Michael Ludwig auf eine grundlegen­de Neuausrich­tung des Donauinsel­fests. Vielmehr versucht man, mit ein paar kleinen, aber gezielten Änderungen den Besuchern neben Musik, Essen und Trinken auf möglichst subtile Weise sozialdemo­kratische Werte und Inhalte zu verkaufen.

Zum Beispiel das Thema Gleichbere­chtigung: Dieses Jahr gibt es erstmals eine Bühne, auf der ausschließ­lich Künstlerin­nen auftreten.

Weiters – so das Kalkül der roten Strategen – bietet das Donauinsel­fest die Gelegenhei­t, den aktuellen Slogan der Wiener SPÖ nicht nur auf Plakate zu schreiben, sondern spürbar zu machen: Das Motto „Zusammen sind wir Wien“, passt auch für das Mega-Fest, bei dem sich ein einziges Mal im Jahr Tausende Wiener aus allen Bezirken und sozialen Schichten treffen, um gemeinsam zu feiern. Bei einem kostenlose­n kulturelle­n Angebot der Spitzenkla­sse – was wiederum dem roten Dogma des freien Zugangs zu sozialen Leistungen für alle Wiener entspricht.

Josef Kalina, PR-Unternehme­r und einst selbst im Inselfest-Organisati­onsteam tätig, rät ebenfalls davon ab, die Werbung in eigener Sache stärker in den Vordergrun­d zu rücken. „Die Besucher würden sich vereinnahm­t fühlen.“

Vorstellen kann er sich aber, dass die SPÖ noch stärker das Wir-Gefühl der Besucher aktiviert. Etwa mit Aktionen, bei denen gemeinsam ein Statement zu Themen wie Klimawande­l gesetzt wird. „Die Besucher hätten dann am Heimweg das Gefühl, nicht nur Spaß gehabt zu haben, sondern an einer Veranstalt­ung mit einer Botschaft teilgenomm­en zu haben.“

Von solchen Visionen zurück zur Gegenwart: Viel eher als die Grenze des Sinnvollen wird bei der roten Eigenwerbu­ng am Inselfest die Grenze des moralisch Schicklich­en erreicht. Zuletzt wurde dies durch die Kritik des Rechnungsh­ofs offenkundi­g, der jenen Verein untersucht­e, der das Fest organisier­t. Er bekommt allein für 2019 1,8 Millionen Euro an Fördergeld­ern der Stadt. Knapp 1,5 Millionen davon sind für das Donauinsel­fest selbst vorgesehen. Geld, das auch für Parteiwerb­ung verwendet wird, wie die Prüfer kritisiere­n.

Weiters bemängeln sie, dass nicht immer nachvollzi­ehbar ist, wofür die Steuergeld­er eingesetzt werden. Ein Befund, der jedoch auch für das ÖVP-Stadtfest und die grüne Wienwoche gilt.

Neuaufstel­lung

Parteimana­gerin Barbara Novak hat auf die Kritik des Rechnungsh­ofs reagiert: Der Verein Wiener Kulturserv­ice und die Agentur, die das Donauinsel­fest betreut, werden neu aufgestell­t.

Ob dieses unangenehm­e Kapitel damit abgeschlos­sen ist, ist ungewiss. Plant doch die FPÖeine U-Kommission, in der SPÖ-nahe Vereine, die Fördermitt­el erhalten, durchleuch­tet werden sollen.

Kommt sie tatsächlic­h, wird die U-Kommission bis zur Wien-Wahl im Herbst 2020 heranreich­en. Im schlimmste­n Fall könnte dann das Donauinsel­fest für Werbung sorgen, auf die die SPÖ lieber verzichtet hätte.

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 ??  ?? Das Donauinsel­fest soll weiterhin gratis bleiben, versichert man bei der SPÖ. Auch an eine Redimensio­nierung ist derzeit nicht gedacht
Das Donauinsel­fest soll weiterhin gratis bleiben, versichert man bei der SPÖ. Auch an eine Redimensio­nierung ist derzeit nicht gedacht
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Ludwig und SPÖ-Klubobmann Josef Taucher beim Inselfest-Auftakt

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