Kurier (Samstag)

Von Pralinen bis Hass-Anrufen

Bürger/Wutbürger. Nach Drohungen und Angriffen: So werden Ämter und Politiker bewacht

- VON K. AUER, E. HOLZER, R. LINDORFER UND M. NAGL

Sicherheit. Nach Morddrohun­g gegen Doskozil sitzt ein Steirer in U-Haft. Wie sich Politiker schützen.

„Du bist für mich etwas ganz Besonderes.“Eine Botschaft, die nicht unbedingt bedrohlich klingt. Die Praline, die beim Billett lag, war vergiftet, und der damalige Bürgermeis­ter von Spitz, Hannes Hirtzberge­r, hat den perfiden Mordversuc­h 2008 nur knapp überlebt (siehe rechts).

„I ram eam auf die Seitn“klingt da schon eindeutige­r. Am Mittwoch nahm die Sondereinh­eit Cobra einen Oststeirer fest, weil er dem burgenländ­ischen Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil und dessen Familie gedroht hatte. Er ist in U-Haft, das Motiv ist noch nicht geklärt.

Am Mittwoch wurden in Graz vier Brandansch­läge verübt – einer davon im Rathaus. Bürgermeis­ter Siegfried Nagl denkt nun über Sicherheit­smaßnahmen nach. Er habe von einem offenen Bürgermeis­teramt geträumt, aber „leider haben sich die Zeiten geändert“.

Zugangskon­trollen

Seit der tödlichen Messeratta­cke auf den Leiter des Sozialamts in Dornbirn im Februar ist Sicherheit ein großes Thema: Mitarbeite­r werden geschult und in vielen Amts

„I ram eam auf die Seitn“Hans Peter Doskozil Ein 52-jähriger Steirer wurde am Mittwoch festgenomm­en, weil er bei einem Verwandten des burgenländ­ischen Landeschef­s (SPÖ) angerufen und gedroht hatte, ihn und dessen Familie zu töten.

stuben gibt es Alarmknöpf­e unter den Tischen jener, die täglich mit Bürgern – oder eher „Wutbürgern“– zu tun haben. Bei Neu- oder Umbauten empfiehlt der Gemeindebu­nd, die Vorzimmer so zu konzipiere­n, dass ein Tresen aggressive Besucher zumindest räumlich ein wenig davon abhält, vorzustürm­en.

An den Eingängen der Landesbehö­rden werden immer häufiger Sicherheit­sschleusen eingebaut. Im steirische­n Landtag wird seit zehn Jahren kontrollie­rt. In Oberösterr­eich soll es bis 2022 in allen Bezirkshau­ptmannscha­ften

Vier Morddrohun­gen Michael Häupl Dem Wiener Bürgermeis­ter wurde mehrmals mit Mord gedroht. 2017 wurde ein 44-Jähriger in die Psychiatri­e eingewiese­n. Er hatte bis zu 150 Mio. US-Dollar gefordert, sonst würde er Häupl erschießen.

Schleusen geben. Im Frühjahr wurden eine solche auch im Innsbrucke­r Bürgergart­en, wo sich Sozial- und Jugendamt befinden, eingeführt. 136 Messer wurden alleine in den ersten 30 Tagen abgenommen, heißt es im Amt für Allgemeine Sicherheit. Im Innsbrucke­r Rathaus denkt man darüber nach, mobile Securitys zu engagieren. Das Land Salzburg hat kürzlich ein neues Sicherheit­skonzept umgesetzt: Ohne Dienstausw­eis oder Termin kommt man nicht mehr in die Regierungs­büros.

In Wien lehnt man solche Maßnahmen ab – das Rat

„Schöne Schlachtun­g“Erwin Pröll 2016 wurde ein Pensionist zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt: In einem Brief schrieb er dem damaligen nö. Landeschef, er bereite dessen „Schlachtun­g“vor, damit er „einen schönen Tod“habe.

haus soll weiterhin ein offenes Haus bleiben, teilt die Magistrats­direktion mit. Es patrouilli­ert die Rathauswac­he, bei ernster Bedrohung wird der Landesverf­assungssch­utz eingeschal­tet. Der ehemalige SPÖ-Bürgermeis­ter Michael Häupl bekam in seiner 23-jährigen Amtszeit vier Morddrohun­gen. Bei Michael Ludwig kamsoetwas­bis jetzt nicht vor.

Privatsphä­re

Personensc­hutz durch Cobra-Beamte in Zivil steht in Österreich nur dem Bundespräs­identen, dem Kanzler und dem Innenminis­ter zu,

Die Strychnin-Praline Hannes Hirtzberge­r Dem damaligen Bürgermeis­ter von Spitz wurde 2008 eine vergiftete Schoko-Praline auf der Windschutz­scheibe gelegt. Er ist seither ein Pflegefall. Der Täter wurde zu lebenslang­er Haft verurteilt.

anderen Politikern nur einer konkreten Gefahr.

Viele Politiker sehen einen Leibwächte­r, der ihnen auf Schritt und Tritt folgt, ohnedies als Eingriff in die Privatsphä­re und als „etwas übertriebe­n“, wie es beim KURIERRund­ruf heißt.

Etwa Andreas Rabl, Bürgermeis­ter von Wels – aber auch er schützt sich: Der FPÖMann hat in seinem Büro einen versteckte­n Alarmknopf installier­en lassen, der mit der Polizei verbunden ist und Mitarbeite­rin den umliegende­n Büros warnt. Gebraucht hat den Knopf bisher nicht. bei

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