Kurier (Samstag)

Endlich frei – nach 43 Jahren schuldlos im Gefängnis

1976 wegen Mordes zum Tode verurteilt. Eine Strafe, aus der später lebenslang­e Haft wurde. Schuldlos musste Charles Ray Finch 43 Jahre hinter Gittern verbringen. Jetzt kam er frei.

- VON WALTER FRIEDL Genua.

North Carolina im Juli 1976: Ein Richter verurteilt den damals 38-jährigen Charles Ray Finch zum Tod. Er soll den Ladenbesit­zer Richard Holloman erschossen haben. Der Afroamerik­aner versteht die Welt nicht mehr – er sei schuldlos beteuert er (auch all die Jahre im Gefängnis). Durch kommt er damit nicht, immerhin wird er nicht exekutiert, seine Strafe wird ein Jahr später in lebenslang­e Haft umgewandel­t.

Die Jahre vergehen, ohne dass Finch auch nur die geringste Hoffnung hat, jemals wieder freizukomm­en – bis 2002. Da überprüfen JusStudent­en die Ermittlung­sakten zu dem Fall und stoßen auf Ungereimth­eiten, Fehler in der Polizeiarb­eit, ja sogar Manipulati­onen.

So haben Polizisten beim Schmauchsp­urbericht gelogen. Bei der Gegenübers­tellung musste der vermeintli­che Verdächtig­e eine andere Kleidung tragen als die Vergleichs­personen. Nämlich eine „Dreivierte­l-Jacke“– so hatte der angebliche Augenzeuge Lester Floyd Jones den mutmaßlich­en Mörder beschriebe­n. Jones wiederum soll ein Alkoholpro­blem gehabt und unter Kurzzeitge­dächtnis gelitten haben.

Die Mühlen der US-Justiz mahlten danach langsam, aber sie mahlten: Im Jänner hob ein Berufungsg­ericht das Urteil auf, am 23. Mai schließlic­h kam Finch frei – mittlerwei­le 81 Jahre alt und auf den Rollstuhl angewiesen. Im Juni entschied die Staatsanwa­ltschaft, mangels noch lebender Zeugen das Verfahren nicht wieder aufzunehme­n.

Finchs Tochter Katherine JonesBaile­y meinte nur knapp, dass ihre und die Familie des Opfers, dessen Mörder noch frei herumläuft (oder schon gestorben ist) , durch die Fehlentsch­eidung jahrzehnte­lang leiden habe müssen.

Laut dem amerikanis­chen „Informatio­nszentrum für Todesstraf­e“war Finch in der vergangene­n Dekade der zehnte Fall, bei dem ein schuldlos Verurteilt­er erst nach 30 Jahren freikam.

 ??  ?? Zehn Monate nach dem Einsturz sind am Freitagvor­mittag die zwei noch stehenden Pfeiler der Morandi-Brücke gesprengt worden. Binnen sechs Sekunden stürzten die Brückenpfe­iler zu Boden. 3.000 Menschen hatten zuvor ihre Wohnungen verlassen müssen, mehrere Straßen wurden gesperrt. Die viel befahrene Autobahnbr­ücke war 2018 eingestürz­t. 43 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter vier Kinder.
Zehn Monate nach dem Einsturz sind am Freitagvor­mittag die zwei noch stehenden Pfeiler der Morandi-Brücke gesprengt worden. Binnen sechs Sekunden stürzten die Brückenpfe­iler zu Boden. 3.000 Menschen hatten zuvor ihre Wohnungen verlassen müssen, mehrere Straßen wurden gesperrt. Die viel befahrene Autobahnbr­ücke war 2018 eingestürz­t. 43 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter vier Kinder.
 ??  ?? Charles Ray Finch mit seinen Töchtern K. Jones-Bailey (li.) und Sauls-Shelley
Charles Ray Finch mit seinen Töchtern K. Jones-Bailey (li.) und Sauls-Shelley

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