Kurier (Samstag)

DER THIEM-TRAUM

Tennis-Star Dominic Thiem sorgt in Österreich für einen neuen Boom – vor allem bei Kindern. In Langenlois etwa herrscht derzeit große Begeisteru­ng. Eine Initiative lockt jede Woche die halbe Stadt auf die Sandplätze: der „Matchkaise­r“.

- von richard grasl

Auf dem Tennisplat­z in Langenlois geht es zu wie auf dem Pausenhof einer Volksschul­e. 50 Kinder laufen, springen, jubeln. Sie lachen, als hätten sie das schönste Erlebnis aller Zeiten – und das ganz ohne Playstatio­n und YouTubeCha­nnels. Die Idee dahinter ist einfach wie

gut: Jeder spielt Match, wer gerade keinen Platz hat, geht Fußballspi­elen. Sie werden von Trainern angeleitet, unentgeltl­ich. Matthias Winninger hat die Initiative „Matchkaise­r“ins Leben gerufen, der gebürtige Amstettner war selbst sehr guter Ranglisten­spieler und will dieses Feuer an die nächste Generation weitergebe­n – auch an seine Kinder Sara und Noah. Doch auch wenige Kilometer entfernt, in Krems, trainieren so viele Kinder wie schon lange nicht. Sie sind oft morgens die Ersten und bei Sonnenunte­rgang die Letzten auf der Anlage, bevor sie unmittelba­r danach zu Bett müssen. Im Lokalderby der beiden Klubs müssen die Kinder nicht nur am etwas verkleiner­ten Platz Tennis spielen sondern auch Ball weitwerfen, kurze und lange Sprints hinlegen, Geschickli­chkeitsübu­ngen machen und Weitspring­en. Langenlois und Krems sind keine Einzelfäll­e. „Obwohl ich mit Superlativ­en vorsichtig bin, traue ich mich von einem Tennis-Boom zu sprechen“, sagt Österreich­s Tennis-Legende Alexander Antonitsch. „Natürlich ist es Dominic Thiem, der diesen Hype entfacht hat. Das war so wie beim ersten Boom in den Neunziger-Jahren, der mit den DaviscupSi­egen Österreich­s und Thomas Musters Aufstieg begonnen hat.“Auch damals ließen sich hunderte Kinder neu in Tennisklub­s im ganzen Land einschreib­en. Antonitsch sorgt sich mittlerwei­le sogar, „dass es einen Engpass an ausgebilde­ten Trainern gibt, so groß ist die Nachfrage.“Der Boom bedeutet aber nicht, dass Österreich in zehn Jahren einen Thiem-Nachfolger in der Weltspitze hat. „Nun müsste man aus den vielen begeistert­en Kids Wettkampfs­pieler machen“, so Antonitsch. Denn den Weg zur Spitze schaffen nur sehr wenige. Auch Dominic Thiem wurde nicht als Star geboren.

Er nahm mit seinem Coach Günther Bresnik und sportlich wie finanziell unterstütz­t von seinen Eltern die Ochsentour auf sich. Er spielte alle Jugendbewe­rbe, Einsteiger-Turniere für Neo-Profis, tauchte schwierige Phasen durch. „Wenn jemand ein internatio­nales Turnier gewinnt, bekommt er 2.000 Euro, da ist jede Reise mit Trainer selbst bei einem Sieg ein Verlustges­chäft“, erzählt ein Insider. In der Generation nach Thiem klafft tatsächlic­h eine Lücke. Auf der ITF-Weltrangli­ste der Unter-18-Jährigen ist derzeit kein Österreich­er unter den besten 100. Aber wer wie Thiem den Durchbruch schafft, ist nicht nur Superstar, sondern auch Ikone. Auf Instagram zählt er 752.000 Fans. Sie verfolgen die Karriere auf Schritt und Tritt: die Trainings, die Siege, den privaten Dominic in Badeshorts auf Mykonos. Sie nehmen damit am Erfolg, an der Karriere eines echten Vorbilds teil und eifern diesem nach. Das ist auch in Langenlois und Krems angekommen: Sie schauen ihm im TV zu, sie ballen die Faust und stöhnen beim Schlag wie er. Und viele schwören auf ein Schlägermo­dell: das von Dominic Thiem natürlich.

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 ??  ?? Mehr als 750.000 Fans folgen Dominic Thiem auf Instagram. Sie nehmen damit am Leben ihres Vorbilds teil, auf dem Platz in Paris (oben) und am Privatlebe­n
Mehr als 750.000 Fans folgen Dominic Thiem auf Instagram. Sie nehmen damit am Leben ihres Vorbilds teil, auf dem Platz in Paris (oben) und am Privatlebe­n
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Thiems Schlägermo­dell in Jugendausf­ührung wird von vielen Kindern wie Konstantin Petschko (rechts oben) bevorzugt. Thiem kassiert als Werbeträge­r dafür Millionen
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