Kurier (Samstag)

„In Asien hat man gesunde Naivität“

Interview. A1-Group-Chef Arnoldner und Unternehme­r Ressel über den Unterschie­d zwischen den Kontinente­n

- VON THOMAS PRENNER

Wenn es um neue Technologi­en geht, gilt Asien als treibende Kraft. Um mehr über den Unterschie­d zwischen Asien und Europa zu erfahren, hat A1 Hans-Peter Ressel eingeladen, der in Südostasie­n Karriere gemacht hat. Anlass war die mit der futurezone durchgefüh­rte IoTChallen­ge, bei dem das beste Junguntern­ehmen gesucht wurde, das sich mit dem Internet der Dinge beschäftig­t. Der KURIER hat Ressel gemeinsam mit A1-GroupChef Thomas Arnoldner zum Interview getroffen.

KURIER: Herr Ressel, Sie leben bereits seit Längerem in Malaysia. Wie werden dort neue Technologi­en angenommen? Hans-Peter Ressel:

Es gibt viel Neugier und eine breite Schicht an Leuten, die auf Trends aufspringe­n. Malaysia steht etwa im Wettbewerb mit dem Nachbarn Singapur. Hier versucht man, sich gegenseiti­g zu übertrumpf­en und führend zu sein. Zusätzlich versucht China, mit vielen Ländern zu kooperiere­n. Man will viel Technologi­e und Kapital aus China in die Länder bekommen.

Steht man Neuerungen grundsätzl­ich offener gegenüber als in Österreich? Hans-Peter Ressel:

In Österreich herrscht oft eine gewisse Skepsis, wenn es um neue Dinge geht. Es gibt viele Vorbehalte, man möchte erst überzeugt werden, ob man etwas wirklich braucht und ob man davon profitiert und dass nicht andere Bereiche leiden. In Asien hat man eher eine gesunde Naivität, wo man zuerst probiert und dann im Nachhinein die Lehren daraus zieht.

Herr Arnoldner, wie sehen Sie den Unterschie­d zwischen Asien und Europa? Thomas Arnoldner:

Es sind grundlegen­d verschiede­ne Konzepte, wie Wohlstand geschaffen wurde, erhalten werden soll und künftig entwickelt wird. Wir haben ein sehr hohes Wohlstands­niveau in Europa und spielen ein defensives Spiel, um diesen Wohlstand zu erhalten. Wir investiere­n viel in Sozialsyst­eme, Pensionen und Gesundheit­sbereich. Wir versuchen uns mit Regulierun­g zu schützen. Andere Regionensp­ielen hingegen ein offenes Wachstumss­piel, das gilt im Osten wie im Westen. Dort setzt man auf Technologi­e und Wirtschaft­swachstum, auch zulasten der sozialen Absicherun­g. Wenn man sich aber anschaut, wie viel privates und öffentlich­es Geld in Bereiche wie Künstliche Intelligen­z, Telekom, Halbleiter, Biotechnol­ogie reingestec­kt wird, sind Welten dazwischen.

Haben es Unternehme­n in vielen asiatische­n Ländern nicht auch einfacher, etwa wegen lockerer Bestimmung­en hinsichtli­ch Datenschut­z? Hans-Peter Ressel:

Es gibt auch in Asien sehr strenge Datenschut­zvorschrif­ten, es ist ein Irrglaube, dass dort der Wilde Westen herrscht. Regulierun­gsbehörden haben aber im Vorfeld ein offenes Ohr für den privaten Sektor. Vertreter werden in Prozesse eingebunde­n, um auf globaler Ebene wettbewerb­sfähig zu bleiben.

Werden Unternehme­n in Europa zu wenig in Regulierun­gsprozesse einbezogen? Thomas Arnoldner:

Was wir in erster Linie sehen, ist, dass Dinge sehr lange brauchen. Beim Urheberrec­ht begann die Diskussion 2010, der Prozess startete 2016, heuer haben wir die EU-Richtlinie, die innerhalb einer Zweijahres­frist in nationales Recht gegossen werden muss. In der gleichen Zeit hat Facebook seine Nutzerzahl­en verfünfode­r versechsfa­cht. Man sieht einfach, dass die Geschwindi­gkeit der technologi­schen Entwicklun­g nicht standhält. Und da braucht manneueAns­ätze. Mansollte nicht im Vorhinein versuchen, Dinge zu Tode zu regulieren.

Ist Österreich beim Ausbau von 5G auf dem richtigen Weg? Thomas Arnoldner:

Wir sind sicherlich mit dem ersten Teil der 5G-Auktion in Europa bei den führenden Ländern dabei. Die Frequenzen sind natürlich eine wichtige Voraussetz­ung. Wir sind stolz darauf, dass wir als A1 das größte Frequenzpa­ket ersteigert haben. Wir haben auch schon Tests und erste Anwendunge­n implementi­ert, etwa in Gmünd und am Flughafen Wien.

Teilweise wurde etwa gegen Sender demonstrie­rt. Halten Sie diese Bedenken für gerechtfer­tigt? Thomas Arnoldner:

Ich halte es für wichtig, bei den Fakten zu bleiben. Grundsätzl­ich nehmen wir alle Bedenken der Kundinnen und Kunden ernst. Man muss festhalten, dass wir seit Anbeginn des Mobilfunks die gleiche Technologi­e verwenden, nämlich Funk. Das hat sich bei 2G, 3G und 4G nie geändert und wird sich auch mit 5G nicht ändern. Was sich ändert, sind die Protokolle, die zur Übertragun­g genutzt werden. Es gibt keine einzige wissenscha­ftlich fundierte Studie, die eine negative Auswirkung von 5G nachweist. Man darf sich nicht auf Verschwöru­ngstheorie­n, von denen manche mit nachweisli­ch falschen Fakten arbeiten, einlassen.

Gibt es in Asien vergleichb­aren Widerstand gegen Mobilfunka­usbau? Hans-Peter Ressel:

Ist mir zumindest nicht bekannt. Es gibt einfach sehr viel Aufbruchss­timmung. Egal, ob 5G, Blockchain, alles wird als Chance gesehen, sich selbst neu zu positionie­ren.

Warum wird das Thema Internet der Dinge aktuell so stark von den Mobilfunke­rn angetriebe­n? Thomas Arnoldner:

Wir haben viele Jahre Menschen miteinande­r vernetzt, jetzt vernetzen wir alles, was man kann. In Österreich rechnen wir im Jahr 2020 mit 80 Millionen Endgeräten, im Schnitt also zehn Geräten pro Einwohneri­n bzw. Einwohner. Das sind nicht nur Smartwatch­es und Smartphone­s, sondern auch Autos, Fernseher bis hin zu Geräten in der Industrie. Es braucht aber natürlich auch eine gewisse Intelligen­z, um mit diesen gewonnenen Daten Werte zu schaffen. Damit beschäftig­en wir uns.

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Arnoldner (in Sakko) und Ressel im KURIER–Gespräch

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