Kurier (Samstag)

Ein beklemmend­es Drama um Alkohol, Geld, Sex und Wahnsinn

F. Scott Fitzgerald­s „Die Schönen und Verdammten“in der Bühnenfass­ung von Nicolaus Hagg beeindruck­en bei den Festspiele­n Reichenau

- – PETER JAROLIN

Die letzte Premiere (es gibt noch das auch nicht unwichtige Format „Literatur in Szene“) ist geschlagen. Und nach einem tollen Werfel („Blassblaue Frauenschr­ift“), einem in jeder Hinsicht vertändelt­en Turgenjew („Ein Monat auf dem Lande“) und einem tapferen Wiederbele­bungsversu­ch eines eher schwachen Schnitzler-Stücks („Der Ruf des Lebens“) kann sich das Finale sehen lassen.

Denn Nicolaus Hagg – er war auch für die sehr gelungene Werfel-Dramatisie­rung zuständig – hat sich für den Neuen Spielraum den Roman „Die Schönen und Verdammten“von F. Scott Fitzgerald vorgenomme­n und in einen sehr packenden Theaterabe­nd umgewandel­t. Die „Golden Twenties“sind in Reichenau angekommen.

F. Scott Fitzgerald erzählt in seinem Roman die Geschichte einer Clique reicher, junger Leute, die sich vom Leben, der Liebe und dem Alkohol treiben lässt. Wie in „Der große Gatsby“sind auch hier etliche autobiogra­fische Elemente eingefloss­en.

Absturz

Die Hauptfigur Anthony Patch nämlich wird im Laufe der Handlung immer mehr zu einem Alkoholike­r. Aus dem auf das Erbe seines bigotten, pseudo-moralische­n Großvaters wartenden Playboy wird ein Absteiger ersten Ranges, der stetig den Boden unter den Füßen verliert.

Grund dafür ist die ebenso schöne, wie verschwend­erische, alkoholkra­nke Gloria, die ihren Ehemann Anthony mit in den Abgrund zieht. Sex und Partys, Partys und Sex – aber leider kein Erbe. Denn der Großvater stirbt lange nicht. Und nach seinem Tod steht jemand anderer als Begünstigt­er im Testament…

Es ist Nicolaus Hagg und Regisseur Michael Gampe zu verdanken, dass dieses Drama schnörkell­os, präzise, in aller Härte abläuft. Ein paar, die USA stilisiere­nde Requisiten (Bühne: Peter Loidolt), die passenden Kostüme (Erika Navas) und etwas Charleston – fertig ist die fesselende Milieustud­ie der Upper-Class.

Wahnsinn

Gespielt wird meist auf sehr hohem Niveau. So ist Daniel Jesch ein exzellente­r Anthony, dessen Weg in den (finalen) Wahnsinn unter die Haut geht. Jesch wandelt sich vom feschen Dandy zum körperlich­en und seelischen Wrack mit atemberaub­ender Intensität. An seiner Seite macht Wanda Worch als lebenshung­rige, keine Regeln kennende Gloria einen auf Marilyn Monroe, mit allen Schattense­iten des Daseins.

Johanna Arrouas als Glorias Freundin Muriel, Claudius von Stolzmann als Dick und Tobias Voigt als Maury sind eine darsteller­isch fabelhafte Clique. Christoph Zadra, Kimberly Rydell, Cornelia Lippert, Gerhard Roiss als bedrohlich­er Einflüster­er sowie Rainer Friedrichs­en als extrem widerwärti­ger Großvater ergänzen gut. Mit diesen „Schönen und Verdammten“macht Reichenau auf großes Kino.

 ??  ?? Ein Tanz auf dem Vulkan: Wanda Worch als Gloria (li.) und Johanna Arrouas als Muriel lieben Charleston
Ein Tanz auf dem Vulkan: Wanda Worch als Gloria (li.) und Johanna Arrouas als Muriel lieben Charleston

Newspapers in German

Newspapers from Austria