Kurier (Samstag)

Verkehrsst­rafen sorgen für Ärger

Rechnungsh­of. Die Geldbußen im Verkehr sind in Österreich extrem unterschie­dlich: 9 Gesetze, 14 Akteure

- VON DOMINIK SCHREIBER

Rechnungsh­of. Die Höhe der Geldbußen für Autofahrer ist österreich­weit sehr unterschie­dlich.

Wer wissen möchte, was Verkehrsüb­ertretunge­n in Österreich kosten, der muss neun verschiede­ne Gesetze lesen. Für die Abwicklung sind dann insgesamt 14 Akteure (von Polizei über Mautkontro­llore bis zum Verwaltung­sgerichtsh­of) zuständig. In Niederöste­rreich gab es Sitzungen im Land, wo besprochen wurde, wie man Strafen wenigstens innerhalb eines Bezirks vereinheit­lichen könne.

Das sind Erkenntnis­se einer neuen Prüfung des Rechnungsh­ofes, der an dem Wirrwarr Kritik übt. Kaum etwas wird nicht beanstande­t: Die Organmanda­te etwa werden noch immer großteils händisch abgerechne­t, eine Kontrolle sei kaum möglich. Auch fehlt ein einheitlic­hes Computer-System, in dem die Strafen eingetrage­n werden können. So sei es nicht möglich, Wiederholu­ngstäter ausfindig zu machen. Dabei hat dies eigentlich eine Auswirkung auf die Straf höhe. Der Rechnungsh­of hat lediglich zwei Bundesländ­er (Nieder- und Oberösterr­eich) sowie die Asfinag geprüft. Diese nehmen zusammen rund 310 Millionen Euro an Strafgelde­rn ein, insgesamt dürften die Autofahrer laut Schätzunge­n (inklusive Parkstrafe­n) aber österreich­weit mehr als eine Milliarde Euro bezahlen.

Fest steht jedenfalls, dass die Unterschie­de innerhalb der Bundesländ­er sehr groß sind. Selbst zwischen Niederund Oberösterr­eich gibt es enorme Diskrepanz­en, obwohl es vom Innenminis­terium (BMI) eigentlich einen Katalog gibt. „Unterlasse­ne Hilfeleist­ung“etwa sollte laut BMI 365 Euro kosten, in Niederöste­rreich zahlt man mit 70 Euro weniger als ein Fünftel. Eine Organstraf­e wegen „vorschrift­swidrigen Vorbeifahr­ens an einem Kindertran­sport“kostet in Niederöste­rreich 50 Euro, in Oberösterr­eich mit 20 Euro weniger als die Hälfte.

Ähnliche Unterschie­de gab es auch bei der Übertretun­g von Geschwindi­gkeitsbegr­enzungen. Den Toleranzbe­reich können die Behörden selbst festlegen, diese werden teilweise in km/h und teilweise in Prozent festgelegt. Laut KURIER-Informatio­nen schwanken diese selbst imOrtsgebi­et zwischen drei und 20 km/h. In Oberösterr­eich kamen laut Rechnungsh­of erlassmäßi­g festgelegt­e Straftoler­anzen zur Anwendung, Niederöste­rreich gab diese gar nicht bekannt.

Experten und Insider sind über die Erkenntnis­se der Rechnungsh­of-Prüfer wenig überrascht. Doch Versuche, hier Änderungen durchzubri­ngen, scheiterte­n entweder am Widerstand der Länder, die um ihre föderalen Kompetenze­n fürchten, oder an politische­n Parteien in der Regierung (wobei alle drei Großpartei­en schon abwechseln­d standen).

Das Thema Strafen von Autofahrer­n wird ungern angegangen. Wobei der Rechnungsh­of überrasche­nd vom Innenminis­terium Änderungen einfordert, obwohl vor allem das Verkehrsmi­nisterium dafür zuständig ist. Auch sollen laut Bericht im Justizmini­sterium seit 2017 Pläne liegen, die ein zentrales System vorschlage­n. Dort wird betont, dass an einem umfangreic­hen Verwaltung­sstrafsyst­em noch gearbeitet werde. auf der Bremse

Ausländisc­he Lenker

Auch europaweit ging bisher wenig weiter. Die Verfolgung von ausländisc­hen Verkehrssü­ndern ist laut Rechnungsh­of nochimmers­chwer möglich. In Deutschlan­d (betrifft 35 Prozent der Strafen von Ausländern) gibt es weiterhin keine Lenkerausk­unft, weshalb es Probleme bei der Vollstreck­ung gibt. Frankreich, Lettland und Rumänien verweigert­en jedes Rechtshilf­eersuchen bei Verkehrsde­likten. Gut funktionie­rt es offenbar nur mit der Schweiz und Liechtenst­ein.

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